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Umrechnung von Kammerkonstanten
bei wechselnden Abstimmungsbedingungen
H. Sehoeler
Wenn man in der Photograinmetrie den Begriff „Verzeich
nung“ verwendet, so ist dieser nicht schlechthin identisch
mit der gleichen Begriffsbestimmung im optischen Sinne. In
der Optik handelt es sich um einen durch den Aufbau des
optischen Systems bedingten Abbildungsfehler, der auf die
Gaußsche Brennweite bezogen ist. Man kann die Verzeich
nung im optischen Sinne ausdrücken durch:
Dr' opt = r' f tan t (1)
wo r den gemessenen Bildwinkel des den Punkt P 1 abbilden
den Hauptstrahles zur optischen Achse darstellt.
In der Photogrammetrie ist jedoch die Beziehung der Ver
zeichnung auf die Gaußsche Brennweite belanglos. Hier kommt
es vielmehr darauf an, aus den Bildgrößen die Abmessungen
eines Objektes zu berechnen. Die Gleichung (1) deutet man
daher zweckmäßigerweise nicht als Abbildungsfehler, sondern
als Abbildungsfunktion, indem man die Gaußsche Brennweite
/ durch eine passend gewählte Rechengröße c ersetzt
Dr '-phot = r ' — c tan t (2)
Es ist üblich, c als Bildkonstante zu bezeichnen. Bezieht sich
c auf eine bestimmte Meßkammer, so setzt man hierfür
und versteht hierunter die Kammerkonstante.
Den Unterschied zwischen diesen beiden Definitionen der
Verzeichnung zeigen die Bilder 1 und 2.
In beiden Fällen stellt die kissenförmige Figur das Bild eines
Quadrates dar. Der Übergang zwischen Bild 1 und 2 ergibt
sich durch Wechsel der Gaußschen Brennweite / mit einer
passend gewählten Bildkonstanten c.
Während die Verzeichnung im optischen Sinne durch die ge
messenen Größen r', f und r gegeben ist, verlangt die photo
grammetrische Verzeichnung eine Rechenvorschrift, nach der
c zu bestimmen ist.
In der Regel wird für c zunächst ein Näherungswert bekannt
sein, und man erhält eine Darstellung der Verzeichnungskurve
nach Bild 3.
Von den üblichen Bedingungen, die c für verschiedene Kali
brierungen erfüllen soll, seien genannt:
a) Dr' soll im nutzbaren Bildfeld gleiche negative und positive
Werte annehmen.
b) Die zwischen Verzeichnungskurve und r'-Achse einge
schlossenen positiven und negativen Flächenanteile sollen
sich ausgleichen.
c) Die Verzeichnung soll für einen vorgegebenen Wert r' die
Größe Null annehmen.
Die numerische Berechnung unter Benutzung von (2) erfordert
bei Routinetesten von photogrammetrischen Meßobjektiven
einen sehr erheblichen Rechenaufwand. Das im folgenden be
schriebene graphische Verfahren kann für solche Untersuchun
gen von großem Nutzen sein.
Wir nehmen an, die Verzeichnungskurve sei nach Bild 4 für
eine beliebige Bildkonstante c gegeben. Ändern wir c, so können
wir nach (2) schreiben:
d Dr' = -—de tan x (3)
Gesucht ist de, also:
d Dr'
de =
tan г
(4)
Für tan t kann man schreiben nach (3)
r' — Dr'
tan r =
c
(5)
Hiermit wird (4)
de d Dr'
c r' — Dr'
(6)
Man begeht keinen großen Fehler, wenn man Dr' gegen r'
vernachlässigt; damit wird:
de ^ d Dr' ^
c r'
Nach Bild 4 erhält man so ein sehr einfaches Arbeitsverfahren:
Im Nullpunkt des Koordinatensystemes ordnet man ein
drehbares Lineal L an. Schwenkt man dieses um einen Winkel
co aus, so erhält man für einen Wert r' die neue Größe der
Verzeichnung Dr' — d Dr' zwischen der Linealkante und der
aufgetragenen Verzeichnungskurve. Die zugehörige Änderung
von c ist dann
de = —c tan w (8)
Den Wert tan co oder auch c tan со könnte man an einer ent
sprechend angeordneten Teilung auch direkt ablesen.
Zusammenfassung
Es wird ein einfaches graphisches Verfahren bekanntgegeben,
mit dem bei der Kalibrierung von Meßkammern die Kammer-
konstante so bestimmt werden kann, daß die resultierende
Verzeichnungskurve ganz bestimmte Bedingungen erfüllt.
Summary
A simple graphical method is presented for the calibration of
aerial cameras, which permits of determining the calibrated
focal length in such a way that thè resulting distortion curve
satisfies certain pre-determined conditions.
Résumé
L’auteur décrit un procédé graphique simple qui permet de
déterminer lors du calibrage de chambres de mesure la con
stante de chambre d’une telle manière que la courbe de distor
sion résultante remplit de conditions bien déterminées.
Resumen
Se da a conocer un sencillo procedimiento gráfico, con el
cual en la calibración de las cámaras métricas la constante de
cámara se puede determinar de tal modo que la curva de
distorsión resultante cumpla condiciones muy determinadas.
Обобщение
Описывается простои графический способ, с помощью
которого при калибровке фотограмметрических камер
возможно определение постоянной камеры таким образом,
чтобы равнодействующая кривая дисторсии удовлетворяла
определенным условиям.
Bild 1. Verzeichnung, bezogen auf Gaußsche Brennweite
Bild 2. Verzeichnung, bezogen auf Kammerkonstante
Bild 3. Verzeichnungskurve, bezogen auf Kammerkonstante
Bild 4. Zur Umrechnung der Kammerkonstanten bei wech
selnden Abstimmungsbedingungen. T = Teilung tan co oder
c-tan co