Geräte und Verfahren zur
Kalibrierung der Jenaer Luftbildmeßkammern
G. Würtz
Mit der Aufnahme der Produktion von Luftbildmeßkammern
durch das Jenaer Werk wurden gleichzeitig beachtliche Mittel
zur Entwicklung und Herstellung rationeller und leistungs
fähiger Prüfgeräte aufgewendet, die den inzwischen erzielten
Fortschritten der Photogrammetrie Rechnung tragen sollten.
Eine Reihe günstiger Umstände förderten das neue Projekt,
wie zum Beispiel die Unvollkommenheiten der vorhandenen
Prüfeinrichtungen, die Herausgabe des ersten Entwurfs der
„Internationalen Spezifikationen über die Kalibrierung photo
grammetrischer Meßkammern“ und die Erfahrungen anderer
Stellen bei der Anwendung neuer Prüftechniken.
So entstanden als Hauptgeräte das Fotografische Bildgüten
prüfgerät und das Fotografische Verzeichnungsprüfgerät.
Beide Geräte erfüllen die Grundforderungen der von der ISP
empfohlenen Spezifikationen [1], Luftbildmeßkammern in der
Gebrauchslage und entsprechend ihrem Verwendungszweck
fotografisch zu prüfen.
Zur Prüfung aller in [1] genannten Eigenschaften unter den
angegebenen Bedingungen bedarf es noch gewisser Vervoll
kommnungen der vorhandenen Prüfgeräte, die schrittweise
in Angriff genommen werden sollen.
Vorerst wird daher nur die Bestimmung des Auflösungsver
mögens und der Kalibrierungsdaten behandelt werden.
1. Prüfung des Auflösungsvermögens
Obwohl es in [1] nicht besonders zum Ausdruck gebracht
worden ist, stellt die Abstimmung einer Meßkammer nach dem
Ergebnis des erzielten Auflösungsvermögens für verschiedene
Achsenwinkel und Fokuseinstellungen in der Bildebene der
Meßkammer den ersten Schritt für die Kalibrierung derselben
dar. Zu diesem Zweck steht uns das in Bild 1 abgebildete
Fotografische Bildgütenprüfgerät zur Verfügung, das zu
sammen mit dem Fotografischen Verzeichnungsprüfgerät und
einem Pneumatischen Plattenebenheitsmeßgerät in einem
eigens dafür installierten Meßraum untergebracht ist.
Das erstgenannte Gerät besitzt einen stabilen Tisch mit einem
eingesetzten Ring zur Drehung des Prüflings in jede gewünschte
Azimutlage. Unter dem Tisch und innerhalb des anschließen
den Halterahmengestells läßt sich ein Tiefentestkollimator um
eine horizontale Achse in jeden beliebigen Achsenwinkel
zwischen 0^ und + 64 g schwenken. Ein auswechselbares und
auf den Drehring aufschraubbares Teil mit Anschlußteilen
für den jeweiligen Meßkammertyp nimmt den Prüfling in
Gebrauchslage auf und ist in der Höhe so abgestimmt, daß die
Schwenkachse des Kollimators durch die Eintrittspupille des
Meßkammerobjektivs geht.
Je nach der Größe der Brennweite des Prüflings wird wahl
weise entweder der Tiefentestkollimator mit 1200 mm Brenn
weite und 80 mm freier Öffnung oder derjenige mit 630 mm
Brennweite und 50 mm freier Öffnung verwendet. Jeder
dieser Kollimatoren besitzt ein Lampenhaus mit einer Licht
wurflampe 30 W, deren Farbtemperatur mit Hilfe eines Um
wandlungsfilters auf die geforderte Größe von etwa 5400°
gebracht wird. Durch ein Kondensorsystem über einen da
zwischenliegenden, die Lichtzufuhr regelnden Verschluß wird
eine gleichmäßige Ausleuchtung der in dem dahinterliegenden
Testkopf vereinigten Testglasplatten bewirkt. Die von diesen
ausgehenden Strahlenbündel werden nach Durchtritt durch
ein hochkorrigiertes Kollimatorobjektiv über einen 90°-ab
lenkenden Spiegel der Eintrittspupille des Meßkammerobjek
tivs zugeführt.
Der Testkopf ist leicht auswechselbar gegen einen solchen mit
einem anderen Kontrast der Testmuster. Zur Zeit existieren
zwei Testköpfe für hohen und niedrigen Kontrast ( log k =
0,2). Durch Vergleich der Kontrastmessungen am Gerät
selbst mit den am Schnellphotometer ausgeführten wurden
unsere Testmuster auf der Grundlage realer Werte für den
niedrigen Kontrast hergestellt.
In dem Testkopf sind um eine fest fokussierte zentrale Test
glasplatte mit Drei-Linien-Testen in den international empfoh
lenen Abmessungen und Anordnungen (Bild 2) sechs weitere
Testglasplatten in gleicher Ausführung gruppiert, die inner
halb eines Bereichs zwischen 0 mm und + 64 mm bzw. + 48
mm in beliebige außerfokale Stellungen verschoben werden
können, der für die Bestimmung der optimalen Abstimmung
der Bildebenen einer Meßkammer ausreicht. Die Lage der
besten visuellen Randschärfe in der Achse läßt sich bequem
durch Betrachten des auf einer Mattscheibe aufgefangenen
Testmusterbildes mit einer stark vergrößernden Lupe unter
gleichzeitiger Verschiebung einer der beweglichen Testglas
platten bestimmen.
Für das Fotomaterial stehen Platten- und Filmkassetten zur
Verfügung. Routineteste werden nur mit Filmkassetten ausge
führt. Diese enthalten eine Bühne mit Führungsnuten für
Kleinbildfilm in einer Bilddiagonalen. Der Film wird während
der Aufnahme durch eine Vielzahl feiner, gleichmäßig ver
teilter Düsen mit Hilfe eines Ansauggeräts an die Bühne an
gesaugt und geebnet.
Die Beurteilung der noch aufgelösten Drei-Linien-Testfiguren
mit einem stark vergrößernden Doppelmikroskop geht sehr
rasch vonstatten und wird von unserem Prüfpersonal ange
nehmer empfunden, als es bei den früher üblichen Kreisring
testen der Fall war. Die Umwandlung der aufgelösten Test
stufen in Linien/mm läßt sich nach Tabellen schneller als
nach nomographischen Darstellungen ausführen.
Die Bestimmung des Auflösungsvermögens geschieht für
unsere Seriengeräte nach Testfiguren von hohem Kontrast.
Die Ergebnisse für tangential und radial angeordnete Striche
werden getrennt in unseren Gerätepässen angegeben. Gegen
den hohen Kontrast sind von verschiedener Seite Bedenken
geltend gemacht worden, die sowohl den praktischen Wert als
auch die Unzweckmäßigkeit der nach solchen Testmustern
ausgeführten Kammerabstimmung betrafen [2] [4]. Zum
ersten Punkt wäre zu sagen, daß nach unseren Erfahrungen
das Lesen und die Beurteilung der noch aufgelösten Test
figuren bei hohem Kontrast weniger anstrengend ist als bei
niedrigem Kontrast. Falls wir von den Benutzern unserer
Geräte dazu angehalten werden, wären wir selbstverständlich
auch bereit, uns auf den niedrigen Kontrast umzustellen. In
unseren Veröffentlichungen über die Leistungsfähigkeit unserer
Erzeugnisse sind hingegen Angaben für beide Kontraste ent
halten. Was allerdings den Wert der Auflösungsdaten betrifft,
so hat der Verfasser den Eindruck, daß der Benutzer der Güte
beurteilung nach angefertigten Luftbildern den Vorzug gibt.
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