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über eine neue Lösung der Differentialentzerrung
unter Verwendung des Analytical Plotters von Helava
0. Weibrecht
1. Einleitung
Für die Anwendung des Entzerrungsverfahrens im bergigen
Gelände sind in letzter Zeit zu den bekannten Verfahren der
zonenweisen Entzerrung [16], der Aufteilung des Geländes in
Polyederflächen [4], [17], [19], [25], [26], [27], [28], dem fran
zösischen Facettenverfahren [20], [33] und dem sowjetischen
Verfahren des umgekehrten Geländemodells [24] einige neue in
strumenteile Lösungen bekannt geworden. Sie beruhen auf
dem Grundprinzip, die Entzerrung differentieller Bildelemente
(Differentialentzerrung) unmittelbar mit der Auswertung in
einem Stereoauswertegerät zu verknüpfen. In diesen neuen
Geräten werden deshalb die bei einer normalen Entzerrung
durch die Geländehöhenunterschiede auftretenden Lagefehler
durch eine vom Stereoauswertegerät gesteuerte kontinuier
liche Vergrößerungsänderung vermieden. Dieses Prinzip der
Differentialentzerrung geht auf Anregungen von Lacmann [18]
aus dem Jahre 1931 und Galltjs-Ferber aus dem Jahre
1933 [6], [7] zurück und wurde erstmalig in befriedigender
Weise in dem amerikanischen Orthophotoscope [1], [2], [3],
[23], [31], [32], [33], [37] und in dem fast gleichzeitig ent
standenen sowjetischen Spaltentzerrungsgerät FT-Schtsch 1 ge
löst [13], [31], [33].
Die erwähnten neuen Geräte können jedoch nur in Verbindung
mit einem ganz bestimmten Auswertegerät verwendet werden
und liefern nur dann exakte Ergebnisse, wenn man mit form
treuen Strahlenbündeln arbeitet. Dies waren die Gründe für
einen neuen Vorschlag, der die Differentialentzerrung unter
Verwendung eines konventionellen Entzerrungsgerätes mit
eingebauter automatischer Vergrößerungssteuerung gestattet
[29], [30], [35], [36]. Ein solches Gerät bietet die Vorteile, daß
es mit den verschiedensten Stereoauswertegeräten gekoppelt,
für die Auswertung von Luftbildern beliebiger Aufnahme
brennweite und bei Bedarf auch als normales Entzerrungs
gerät eingesetzt werden kann.
Es mag zunächst Verwunderung hervorrufen, daß das Prob
lem der Differentialentzerrung im Zusammenhang mit dem
Analytical Plotter behandelt word; aber die wachsende Bedeu
tung, die die Differentialentzerrung in verschiedenen Ländern im
Zusammenhang mit der Automatisierung der gesamten photo
grammetrischen Kartenherstellung erlangt, rechtfertigt durch
aus den Einsatz von universellen Stereoauswertegeräten und we
gen der damit verbundenen Vorteile ganz besonders den Einsatz
des Analytical Plotters. Es soll deshalb im folgenden ein neuer
Vorschlag für die Differentialentzerrung unterbreitet werden,
mit dem die Differentialentzerrung durch Verknüpfung des
Analytical Plotters mit einem konventionellen Entzerrungs
gerät erreicht werden kann.
2. Differentialentzerrung mit dem Analytical Plotter
2.1. Allgemeines
In einem früheren Vorschlag [35], [36] wurde aufgezeigt, wie
man ein konventionelles Entzerrungsgerät den Zwecken der
Differentialentzerrung nutzbar machen kann. Ein solches Ent
zerrungsgerät muß neben der Möglichkeit zur Belichtung des
Bildes durch streifenweises Abfahren eines differentiellen
Lichtspaltes für die Bearbeitung von Luftbildern unebenen
Geländes noch mit weiteren Einrichtungen versehen sein,
die an den konventionellen Entzerrungsgeräten nicht oder nur
teilweise vorhanden sind. Im Grundprinzip beruht ein der
artiges Differentialentzerrungsgerät auf der Eigenschaft der
konventionellen Entzerrungsgeräte, die Bildebene des geneig
ten Luftbildes auf die Projektionsebene so umzubilden, daß
das Ergebnis der fotografischen Darstellung einer Ortho
gonalprojektion des Geländes entspricht. Um die durch die
Geländehöhenunterschiede auftretenden Projektionsfehler zu
vermeiden, muß dafür gesorgt werden, daß in Abhängigkeit
von den im Stereoauswertegerät ermittelten Geländehöhen
unterschieden der Maßstab der Entzerrung entsprechend konti
nuierlich geändert wird. Damit wird die gleiche Wirkung
erzielt, wie durch die Maßstabssteuerung im amerikanischen
Ortophotoscope oder im sowjetischen Spaltentzerrungsgerät
FT-Schtsch 1. Auf diese Weise und durch entsprechende Ab
stimmung der Spaltgröße ist gewährleistet, daß das vom Spalt
auf dem Projektionstisch für die Belichtung freigegebene diffe
rentielle Bildelement in jedem Augenblick einer Orthogonal
projektion entspricht. Damit sind bereits zwei dieser besonde
ren Einrichtungen erwähnt, die das Differentialentzerrungs
gerät im Unterschied zu einem konventionellen Entzerrungs
gerät aufweisen muß: Eine Vergrößerungssteuerung in Ab
hängigkeit von den Geländehöhenunterschieden und einen
den Projektionstisch mit Hilfe eines Kreuzschlittensystems
streifenweise überstreichenden sowie in seiner Größe veränder
lichen Spalt.
Als dritte besondere Einrichtung ist zum Erreichen eines auto
matischen Ablaufs der Differentialentzerrung eine automati
sche Fluchtpunktsteuerung entsprechend der Perspektivbe
dingung notwendig [34]. In diesem Falle hat die Fluchtpunkt
steuerung eine unbestreitbare Bedeutung, da ja niemals ge
neigte Geländeabschnitte, sondern stets horizontale Flächen
elemente Vorkommen; es wird also die Notwendigkeit der
Abschaltung der Fluchtpunktsteuerung nie vorhanden sein,
wie dies an Entzerrungsgeräten mit Fluchtpunktsteuerung bei
der Entzerrung geneigten Geländes der Fall sein muß.
Selbstverständlich muß aus den gleichen Gründen auch das
Differentialentzerrungsgerät wie bei den konventionellen Ge
räten mit automatischen Steuerungen für die Scharfabbildung
entsprechend der Linsengleichung und dem Scheimpflugprin-
zip ausgestattet sein.
Aus der Notwendigkeit der Kopplung des Differentialent
zerrungsgerätes mit einem Stereoauswertegerät ergibt sich die
weitere Forderung, daß das Gerät für die Entzerrung nach
Einstellwerten eingerichtet sein muß. Die Einstellwerte müssen
aus den Daten der äußeren Orientierung berechnet werden.
Da während der Differentialentzerrung jedoch stets eine
strenge Zuordnung zwischen den Raumkoordinaten des
Stereomodells und den Lagekoordinaten sowie der Ver
größerungsänderung im Differentialentzerrungsgerät bestehen
muß, sehen die Formeln zur Berechnung der Einstellwerte
hier anders aus als bei der konventionellen Entzerrung. Auf
dieses Problem soll später noch näher eingegangen werden.
In den früheren Vorschlägen [35], [36], die die Möglichkeit
der Verbindung des Differentialentzerrungsgeräts mit jedem
beliebigen Stereoauswertegerät vorsahen, war die kontinuier
liche Maßstabsänderung in Abhängigkeit von den Gelände
höhenunterschieden durch eine besondere Vergrößerungs
steuerung erreicht worden, die in das Differentialentzerrungs
gerät eingebaut werden muß. Diese Vergrößerungssteuerung