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ser Geräte noch nicht erreicht worden. Wenn es auch mit den später erwähn
ten Strömungslagern gelingen dürfte, die Lagerreibung genügend zu verklei
nern, wird die Konstanthaltung von s, die Auswuchtung sowie die Verminde
rung der Reibung infolge Stromzuführung Schwierigkeiten ergeben. Die Ablen
kung der Kreiselachse vom wahren Lot beträgt infolge der Erddrehung einige
Grade und überdies gilt obige Eigenschaft, wie erwähnt wurde, nur für den
Flug längs Großkreisen der Erde.
Der astatische Kreisel (s = 0) ohne Zusatzeinrichtung ist gegen alle Be
schleunigungen indifferent. Wäre die Reibung in den Kardanlagern Null, so
würde jedoch (in unseren Breiten) infolge der Erddrehung seine Achse ca. 10'
pro Zeitminute auswandern (siehe später). Unter Reibungseinflüssen führt sie
unbekannte Bewegungen aus und besitzt keine Tendenz, in die etwa vorher
eingestellte Lotrichtung zurückzukehren.
Ein Kreiselpendel kann als Kreisel mit Stützeinrichtung angesehen werden.
Diese Stützung bewirkt zwar kein Zurückführen der Kreiselachse in die Lot
richtung, sie verhindert aber, daß bei periodischem Auftreten von bestimmten
positiven und fast gleich großen negativen Horizontalbeschleunigungen — dies
ist während der Zeit der Bildaufnahmen der Fall — die Kreiselachse über ein
bestimmtes Maß von der Lotrichtung abweichen kann. Ferner ermöglicht diese
die in kleinen Zeitabschnitten vorkommenden Bewegungen der Kreiselachse zu
bestimmen und zwar aus den Bewegungen der Libellenblase, einer mit dem in
neren Kardanrahmen (Kreiselkappe) verbundenen Dosenlibelle ’). Da die perio
dischen Änderungen der Beschleunigungen im Geradeausflug in Zeitabschnitten
die < 1 Min. sind, erfolgen, besteht keine Resonanzgefahr, wenn die Präz. D. x
mit ca. 10—15 Min. gewählt wird.
D. Grundgedanke des neuen Verfahrens.
In Fig. 1 ist ein vollkardanisch gelagertes Kreiselpendel samt Dosenlibelle
schematisch dargestellt. Um den Grundgedanken des Verfahrens nicht mit un
wesentlichen Dingen zu überlagern, werden folgende Annahmen gemacht.
Die Kardanachsen mögen sich in einem Punkt, dem Unterstützungspunkt
U, schneiden. Der Kreisel besitze ein rotationssymmetrisches Trägheitsellipsoid
(Kreisel selbst braucht nicht rotationssymmetrisch zu sein) dessen rotations
symmetrische Achse (= Figurenachse) mit der Drehungsachse und somit auch
mit der Impulsachse zusammenfällt. In diesen drei zusammenfallenden Achsen,
kurz Kreiselachse, liege auch der Schwerpunkt S des Kreisels. Diese Bedingun
gen sind mit dem heutigen Stande der Präzisions-Mechanik und der dynami
schen Auswuchtmaschinen hinreichend genau erfüllbar. Ferner wird angenom
men, daß Reibungen infolge Stromzuführung und Reibungen in den Kardan
lagern genügend klein gehalten werden können. Während die erstere Annahme
bekanntlich erfüllbar ist, wird über die zweite später berichtet. Die Rotation
der Erde und ihre Krümmung werden zunächtst Null gesetzt. Überdies wird
Trägheit des Kardansystems samt Libelle vernachlässigt und angenommen, daß
die Libellenblase sich genügend rasch in das jeweilige Scheinlot einstellt. Ein
fache Experimente zeigen, daß dies mit entsprechenden Libellen sicher erreicht
] ) Prof. Dock und der Verfasser haben im D.R.P. Nr. 712968 ebenfalls diese Kombination von
Kreisel und Libelle angegeben. Die Bewegung der Kreiselachse sollte auf statistischem
Wege aus den Lagen der Libellenblase ermittelt werden, was jedoch für kleine Zeitabschnitte
unmöglich ist. Der Verfasser fand hingegen obigen physikalischen Zusammenhang.