2. Architekturphotogrammetrie und Denkmalpflege
Einzelne Hochschulen einiger Länder haben die Architekturphotogrammetrie in ihr Vorlesungs-
und Übungsprogramm aufgenommen.
In Belgien hat das Ministere des travaux publies et de la reconstruction* im Jahre 1958 zwei
Fassaden des historischen Bauwerkes „Pont des Jambes“ im Maßstab 1:50 ausgewertet, um Wie-
derherstellungsarbeiten ausführen zu können; außerdem sind solche Arbeiten für die Ausbesse-
rung des linken Flügels des „Palais Cinquantenaire“ und sieben weiteren Bauwerken ausgeführt
worden.
In Sorge um das Schicksal des Deutschen photogrammetrischen Denkmälerarchives, das 929 Kisten
umfaßte, richtet der Unterzeichnete auch an dieser Stelle einen Appell an alle Kollegen des In-
und Auslandes, bei der Suche nach diesem Kulturdokument nach Kräften mitzuhelfen.
Burkhardt, R.: ,,Welchen Weg nahm das Meydenbauersche Denkmälerarchiv?“ Bildmessung und Luft-
bildwesen 1958/4, S. 219-122.
Das Institut für Photogrammetrie der Technischen Universität Berlin führt weiter photogramm-
metrische Aufnahmen und Auswertungen wertvoller Berliner Bauwerke aus, u. a. auch für Wieder-
herstellungsarbeiten an zerstórten Teilen der eigenen Gebäude. Am Lehrstuhl für Vermessungs-
wesen und Photogrammetrie der Technischen Hochschule Stuttgart ist versucht worden, die Kup-
pel des Neuen Schlosses aus Amateurbildern zu rekonstruieren.
„Über die photogrammetrische Aufnahme von Baudenkmälern, Studienarbeiten an der Techni-
schen Hochschule Karlsruhe“ hat Prof. O. Raab gemeinsam mit Dr.-Ing. W. Böser in Mitt. d.
DVW — Landesv. Baden-Württemberg, 1956/3 berichtet.
Die photogrammetrische Auswertung von Aufnahmen des ehemaligen Zisterzienserklosters Alt-
zella am Stereokomparator und die Herstellung von Fassaden-Bildplünen beschreibt G. V o ss in
Voss, G.: ,Ein Beispiel für die Anwendung der Photogrammetrie in der Denkmalspflege. Zs. Verm.Techn.
1957, S. 278—280.
In Polen sind unter Leitung von Prof. Piatkiewicz an der Technischen Hochschule War-
schau architekturphotogrammetrische Aufnahme und Auswertungen des Schlosses Wilanów im
Mafstab 1:50 ausgeführt worden, desgleichen von Dipl.-Ing. Niepokólczycki Rekonstruk-
tonen der Piasten-Burg in Kostrzyn an der Oder im Maßstab 1: 100, des Portals 1:25.
Von Dipl.Ing. Cislo/Krakau sind mittels Phototheodolit geodätisch kontrollierte photogramm-
metrische Rekonstruktionen des Schlosses B a r a n 6 w im MaBstab 1:100, seiner Portale in 1:10
ausgeführt worden. Es haben sich bauliche UnregelmiBigkeiten bis zu 20 cm gezeigt; die Auftrage-
genauigkeit beträgt etwa 0,2 bis 0,5 mm (entsprechend etwa 0,4°%00 der Entfernung).
In der Schweiz sind von 1957 bis 1959 Fassaden baufälliger Häuser der Altstadt von Luzern
in einer Ausdehnung von über 1 km mit einem Phototheodolit Wild P 30 bei Basisverhältnissen
zwischen 1:8 und 1:20 aufgenommen und am Wild-A 5 im Maßstab 1:100 kartiert worden. Die
Ergebnisse werden zur Festlegung der Bauhöhen nach dem Abbruch und für die allgemeine Gestal-
tung der Neubauten verwendet.
Plotnick, M.: ,,Use of Photogrammetry in Architekture and Other Civil Engineering Construction“. Phot.
Eng. 1959/4, S. 553—559.
AuBerdem wurde in Zürich ein reprüsentativer Bau des 18. Jahrhunderts, die Hauptfront des
»Rechberg^ aufgenommen und ausgewertet. Beide Arbeiten werden in London in der Schwei-
zer Ausstellung zu sehen sein.
In den USA bemüht sich Prof. Borchers (Ohio State University), die Architekturphoto-
grammetrie in den Unterricht und die Praxis einzuführen und benutzt sie auch, um feine, durch
Wiürme verursachte Strukturveründerungen festzustellen.
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