Full text: Commissions V, VI and VII (Part 6)

  
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Besonderheiten der Róntgenstereoskopie DK: 778.33:778.46 
genügt überall, wo es sich um Splitter oder 
„diskrete“ Punkte handelt. Wie aber will 
man damit die Lage der Salpingen aus 
Abb. 11 (Seite 23) erfassen? Whe greifbar 
wird sie dagegen im Raumbild in Abb. 12! 
Auch das Divertikel im Duodenum hinter 
dem Bulbus bzw. Magen (Abb. 13, Seite 24) 
lift sich mit Worten kaum so plastisch be- 
schreiben, wie es durch die Raumskizze ge- 
schieht (Abb. 14, Seite 24). Betrachtet man 
diese Raumskizzen ohne Brille, so sieht 
man, daß den verschiedenen Tiefenlagen 
der dargestellten Konturen ein verschiede- 
ner Abstand derselben entspricht. Je näher 
Abb. 17 — Rüntgenstereokomparator der Kórper der Abbildungsebene liegt, um 
Fa. Optotechnik, Herrsching | Ammersee so kleiner ist dieser Abstand und umgekehrt 
(,Parallaxen-Differenz der Bildpunkte“). 
Die:er Abstand bleibt unverändert, wenn wir die Brille umdrehen; aber der Raumeindruck 
ändert sich durch die Verwechslung der Bilder vor unseren Augen, SO daß wir den Körper 
hinter der Abbildungsebene in der Tiefe verzerrt sehen (Pseudobild). Dies stört bei der 
Variationsbreite der menschlichen Formen nicht; es hat den Vorzug, daß man nach Belieben 
den Patienten von vorn oder von hinten betrachten kann. Dabei bemerkt man bisweilen, 
wie der Verstand mit seinen Erinnerungsbildern hereinspukt, wenn unmögliche Dinge 
gesehen werden. In derartigen Fällen ist man dann froh, wenn man auf die zunächst recht 
theoretisch scheinende mathematische Beziehung der „Parallaxe“ zurückgreifen kann. 
Abb. 15 (Seite 24) zeigt als Beispiel das Raumbild eines Thorax in Schrägprojektion: Man 
blickt fast in Richtung der Ausflußbahn des linken Ventrikels auf den Patienten. Die 
Aorta erscheint sehr schattendicht bis zum Ursprung an der Aortenklappe. Die Gegend 
ist durch die verkalkten Rippenknorpel überlagert, so daß man den dunklen Schatten, 
der offenbar der verkalkten Aortenklappe entspricht, kaum entziffern kann. Hat man 
jedoch die Möglichkeit, in einem Stereokomparator, wie er auf dieser Seite abgebildet ist 
(Abb. 17), die verwirrenden Kalkschatten der Rippenknorpel und der Aortenklappe 
einzeln durch eine Mefimarke zu erfassen, so gelingt es leicht, dieselben zu trennen und die 
Tiefenwerte nicht nur exakt zu messen, sondern auch subjektiv in einem klaren Raum- 
cindruck zu entwirren (Abb. 16, Seite 24). 
  
Die technischen Schwierigkeiten der stereoskopischen Róntgenaufnahme sind fast voll- 
stándig beseitigt, seitdem die Schirmbildtechnik das Zeitintervall zwischen den beiden 
Aufnahmen auf 7/1 Sekunden herabdrücken konnte (Odelca 100), so daß die An- 
fertigung des Stereobildpaares in der Größenordnung von höchstens einer Sekunde 
möglich ist. Die Röntgenstereoskopie ist damit nicht mehr die Erfindung verträumter 
Anatomen für topographische Demonstrationen oder die Methode von Feldchirurgen, 
um Geschosse zu lokalisieren; sie ist die Befreiung des Röntgenologen von der in den 
Anfangszeiten der Röntgentechnik notwendigen Einäugigkeit zum Vollbesitz seiner 
beiden Augen in der Röntgendiagnostik. 
Wer ein Röntgenraumbild betrachtet, möge aber bedenken, daß dasselbe eine andere 
„Sprache“ spricht als ein stereoskopisches Bild im sichtbaren Licht. Diese , dunkle* Sprache 
muß verstanden und richtig übersetzt werden, damit unsere Raumvorstellung (die aus 
dem „Hellen“ geboren ist) sie versteht. 
26 Photographie und Wissenschaft - Heft 2 * Jahrgang 9 - 1960 
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