Auch die Boden kunde begann in Deutschland nach dem Kriege — in
Erinnerung an die Arbeiten von Vageler und Kuron — sich wieder die ge-
rade für dieses Fach recht ergiebigen Resultate der Luftbildinterpretation
nutzbar zu machen. H. J. Steinmetz, Wiesbaden, gab 1957 Ergebnisse seiner
Untersuchungen auf der Tagung der Bodenkundlichen Gesellschaft in Bre-
men unter dem Titel „Verwertung von Luftbildern bei bodenkundlichen
Arbeiten für die landeskulturelle Planung“ bekannt, wobei — wie auch von
anderen Fachrichtungen — bestimmte, hier für die Bodenkunde speziell
günstige Aufnahmezeiten gefordert werden.
Gewiß hat die geologische Luftbildinterpretation ihre
Entwicklung und ihre größten Erfolge in den wenig erschlossenen groß-
räumigen Rohstoffländern der Erde, dennoch sind auch im kleinräumigen
Europa photogeologische Untersuchungen möglich und nützlich. Hagen ?7)
gibt 1948 seine in den Schweizer Alpen gewonnenen Erfahrungen über
photogeologische Kartierungen bekannt, und E. O. Teuscher 28) berichtet in
einem in der Deutschen Geologischen Gesellschaft 1957 gehaltenen Vortrag
über die Beschleunigung und Intensivierung der Kartendarstellung eines
Lagerstättenbezirks (Nabburger Flußspatrevier) mit Hilfe von Luftsenkrecht-
aufnahmen.
Die vegetationskundliche Luftbildforschung fand in
der 1955 leider ohne Bildbeispiele vorgelegten Schrift aus der Zentralstelle
für Vegetationskartierung von Werner Krause „Pflanzensoziologische Luft-
bildauswertung“ ?) eine eingehende Würdigung. Krause sieht die grund-
legende Leistung der Luftaufnahme in der „Fähigkeit, durch mannigfache
Gegensätze in der Oberflächenstruktur der abgebildeten Geländeteile die
Grenzen innerhalb der Vegetation hervorzuheben.“
Als eindrucksvolles praktisches Beispiel der glücklichen Kombination von
vegetationskundlicher Luftbildauswertung und Geländebegehung muß die
1959 vom Institut für angewandte Botanik der Universität Hamburg vor-
gelegte, durch Paula Wiemann und Walter Domke bearbeitete „Vegetations-
übersicht der Ostfriesischen Insel Spiekeroog“ erwähnt werden. Heinrich
Häusler, Linz, wertet in seinem Aufsatz „Auwald und Grundwasser“ 30) eine
Übersichtsaufnahme des Trauntals unterhalb von Wels ausführlich vege-
tationskundlich und wasserwirtschaftlich aus. Das Luftbild lieferte hier die
Aussagen für beide Bereiche. Die bereits vor dem Kriege mit guten aus der
Luftbildinterpretation gewonnenen Ergebnissen arbeitende Moorfor-
schung (Gams u. a.) hat in den Veröffentlichungen von J. L. Lutz 31) in
der Bayerischen Versuchsanstalt für Moorwirtschaft, besonders über die
Umgestaltung der Loisach-Kochelsee-Moore, die nutzbringende Verwendung
des Luftbildes durch eine außerordentlich gründliche Auswertung aufs neue
bewiesen.
In ständig wachsendem Umfang bedienen sich Landeskultur und
Landschaftspflege der vielfältigen Aussagen der Luftsenkrechtauf-
nahme. Die vielfach große Flächen erfassende landwirtschaftliche Flurbe-
reinigung wird heute bisweilen durch die Luftbildinterpretation beschleunigt
und rationalisiert. Im Lande Rheinland-Pfalz fand nach dem Kriege unter
dem Druck einer starken Reblausverseuchung eine Weinbergsflurbereinigung
an der unteren Nahe und Mosel statt, die mit Hilfe der Luftbildauswertung
im Landwirtschaftsministerium vorbereitet wurde.
Die Landschaftspflege bedient sich der Luftbildinterpretation nicht nur
in der bereits erwähnten Erosionsforschung. Als Hilfsmittel bei der Bearbei-
tung der Landschaftsschutzkarte wird das Luftbild, wie Hans Schwenkel,
Stuttgart 32), zeigt, mit Erfolg verwertet. Hier interessieren schon die in der
Natur- und Kulturlandschaft erfolgten Veränderungen, und der Vergleich zu
älteren Luftbildern oder Karten wird zur Erkenntnisquelle.
Die Forstwissenschaft und die Forstwirtschaft hatten in
Deutschland bereits frühzeitig die wertvollen Möglichkeiten der Luftbild-
anwendung erkannt; schon zwischen 1921 und 1927 wurden auf Initiative
Geheimrat Rebels in Bayern die ersten großräumigen Befliegungen für die
Forsteinrichtung und zum Ersatz von Forstkarten durchgeführt. In Dresden
wirkte Prof. Hugershoff an der Entwicklung der stereoskopischen Luftbild-
27) Hagen, T.: The use of ground photogrammetry for large scale geologic mapping.
— Zürich 1948.
28) Teuscher, E. O.: Photogrammetrie und Prospektion. In: Z. d. Dt. Geol. Ges.
Bd 109, 1957 (1958), 2. S 499—503.
29) Krause, Werner: Pflanzensoziologische Luftbildauswertung. — Stolzenau/Weser
1955. = Angewandte Pflanzensoziologie, Hrsg. v. R. Tiixen. H. 10.
30) Häusler, Heinrich: Auwald und Grundwasser. In: Österreichische Wasserwirt-
schaft. Jg. 7, 1955, 11. S. 249—257.
31) Lutz, J. L.: Die Umgestaltung der Loisach-Kochelsee-Moore durch den Menschen
im Luftbild gesehen. In: Jb. d. Ver. d. Schutze d. Alpenpflanzem und -tiere. Jg 16.
München 1951. - à ;
32) Schwenkel, Hans: Das Luftbild als Hilfsmittel bei der Bearbeitung der Land-
schaftsschutzkarte und bei der Landschaftspflege überhaupt. In: Natur u. Land-
schaft. Jg. 30, 1955, H. 3. S. 33—35.
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