Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band)

   
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IL Abschnitt. 7. Die Wasserbewegung in den Pflanzen. 105 
aber auf. Derselbe war wáhrend des Sommers niemals zu constatiren; die Unter- 
suchungsobjecte sogen vielmehr jetzt, wenn das Glasrohr, welches in das Bohr- 
loch eingeführt worden war, mit seiner freien Oeffnung unter Wasser getaucht 
wurde, dieses Wasser ein. In Folge der Transpiration war also der Saft aus 
den Hohlráumen des Holzkórpers der Báume verschwunden. Die Luft in den 
Gefässen muss unter negativem Druck gestanden haben, und aus diesem 
Grunde wurde das Wasser durch den Luftdruck in den Pflanzenkórper hin- 
eingepresst. Ich habe auch beobachtet, was sich unter Berücksichtigung des 
Gesagten leicht erklürt, dass zur Zeit lebhafteren Wurzeldrucks in den Birken, 
lediglich in der Nacht und am Morgen Saft aus den Bohrlóchern austrat; am 
Tage, wenn die Wasserverdunstung der Pflanzen energischer wurde, hórte der 
Saftausfluss auf. 
Dass der Wurzeldruck in den Gewichsen aber auch im Sommer zur Geltung 
kommen kann, unterliegt keinem Zweifel. Werden die oberirdischen Theile 
solcher Pflanzen, die vor irgend lebhafterer Transpiration geschützt waren, 
während der warmen Jahreszeit dicht über dem Boden abgeschnitten, so tritt 
sofort Flüssigkeit aus deren Wurzelstöcken hervor. Der Saftausfluss ist zunächst 
am lebhaftesten und nimmt allmählich ab. Wenn die Pflanzen vor der Verletzung 
stark transpirirt hatten, so liefert der Wurzelstock zunächst keinen Saft; er saugt 
sogar Wasser, mit dem die Wundfläche in Contact geräth, ein. Erst allmählich 
macht sich ein Saftausfluss geltend. 
Es ist gewiss, dass in stark transpirirenden Pflanzen keine einzige Zelle, selbst 
keine Wurzelzelle, das höchste Maass ‚des Turgors zeigt!), und dass unter solchen 
Verhältnissen der Wurzeldruck gar nicht zu Stande kommt. Dann wird die 
Wasserbewegung in den Gewächsen allein unter Vermittelung der durch die 
Wasserverdunstung eingeleiteten Imbibitionsprozesse erfolgen müssen. Uebrigens 
ist hier zu bemerken, dass die Saftmengen, welche in Folge des Wurzeldrucks 
in den Holzkörper der Pflanze hineingepresst werden, wol niemals, selbst dann 
nicht, wenn die denkbar günstigsten Bedingungen für das Zustandekommen des 
letzteren herrschen, hinreichen, um die gesammten "Transpirationsverluste zu 
decken.) Man hat nümlich gefunden, dass aus den Wurzelstócken von Pflanzen 
weit weniger Saft ausfliesst, als die abgeschnittenen beblitterten Stengel derselben 
Pflanzen, aufzusaugen vermógen?) So z. B. betrug die Saugung des Gipfels einer 
Tabakpflanze in 5 Tagen zoo Cc., wihrend der Wurzelstock in derselben Zeit 
nur 15,7 Cc. Flüssigkeit ausschied. 
Wenn die Transpiration während längerer Zeit mit grosser Energie statt- 
findet, und den Pflanzen überdies nur relativ kleine Wassermengen im Boden 
zur Disposition stehen, so genügt das von den Wurzeln aufgenommene Wasser- 
quantum häufig nicht, um den Blättern hinreichende Feuchtigkeitsmengen zuzu- 
führen. Die Gewächse müssen unter diesen Umständen welken, und diese Er- 
') Es liegt auf der Hand, dass die Pflanzen, wenn ihre Zellen auch nicht das höchste Maass 
des Turgors zeigen, doch noch nicht welk zu sein brauchen. Der welke Zustand tritt erst ein, 
wenn der Turgor beträchtlich sinkt. 
?) Für das richtige Verständniss dieses Satzes ist es erforderlich, nicht aus dem Auge zu 
lassen, dass ich hier unter »gesammten Transpirationsverlusten« die Wassermenge verstehe, welche 
eine Pflanze überhaupt während der Dauer einer Vegetationsperiode an die Luft abgiebt. 
?) Vergl. SacHs, Lehrbuch d. Botanik, 4. Aufl, pag. 661 und H. DE VRIES, Arbeiten des 
botan. Instituts in Würzburg, Bd. 1, pag. 287. 
  
   
   
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
   
    
   
  
  
   
  
  
   
  
  
   
   
  
  
   
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
   
   
   
   
   
  
  
  
  
  
   
  
   
   
  
   
  
  
  
   
   
  
  
  
  
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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