Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band)

     
  
   
   
  
  
    
   
   
  
   
   
  
   
   
   
    
   
   
   
    
      
   
   
   
   
  
   
   
    
  
  
  
  
   
   
   
   
  
   
    
   
  
  
  
   
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II. Abschnitt. 8. Die Mineralstoffaufnahme seitens der Pflanzen. 
Achtes Kapitel. 
Die Mineralstoffaufnahme seitens der Pflanzen. 
§ 47. Allgemeines. — Es ist bereits an einer andern Stelle dieses 
Buches mit Nachdruck betont worden, dass der Vegetation, wenn sie sich normal 
entwickeln soll, bestimmte Mineralstoffe zur Disposition stehen müssen. Die 
Wurzeln der Gewáchse sind nun in erster Linie als diejenigen Organe anzusehen, 
denen neben der Aufgabe, das Wasser aufzusaugen, ebenfalls diese Aufgabe 
zufällt, den Organismus mit hinreichenden Mineralstoffmengen zu versorgen, und 
es wird sich in diesem Capitel darum handeln, zu untersuchen, welche Prozesse 
sich bei dem Zustandekommen der beregten Function der Wurzeln geltend 
machen. 
Es musste den Beobachtern auffallen, dass verschiedene Pflanzen, deren 
Wurzeln sich. in ein und demselben Medium (Boden oder Wasser) entwickeln, 
die einzeinen Mineralstoffe trotzdem keineswegs in demjenigen Verhältnisse, in 
welchem sich dieselben in jenem Medium vorfanden, enthielten. So ermittelte z. B. 
SCHULZ-FLEETH!) die folgenden Kali-, Kalk- und Phosphorsäurequantitäten in 
1000 Theilen Wasser und in je 100 Theilen Asche der folgenden in jenem Wasser 
erwachsenen Pflanzen: 
100 Theile der Asche von 
z000 Theile Wasser Chara Hottonia 
enthielten, enthielten. 
K,0 0,0054 0,49 8,34 
CaO 0,0533 54573 21,20 
P,0, 0,0006 0,31 2,88 
Ueberblickt man diese Zahlen, so zeigt sich, dass das Verhältniss von Kali 
zum Kalk im Wasser etwa = 1: 10, in der Asche von Chara etwa = 1: 108 
und in der Asche von Zo/fomia etwa — 1 : 2,5 ist. Solche Erfahrungen haben die 
älteren Physiologen wol auf die Vermuthung gebracht, dass jede Pflanze den 
verschiedenen Mineralstoffen gegenüber ein Wahlvermögen zeige und unter Ver- 
mittelung vitaler Kräfte diese oder jene Stoffe in besonders erheblichen Mengen 
aufsaugen. Eine derartige Anschauung entspricht "dem heutigen Standpunkte 
unserer Wissenschaft durchaus nicht. Die moderne Physiologie sucht vielmehr 
alle Lebenserscheinungen von physikalisch-chemischen Gesichtspunkten aus zu 
erklären, und gelingt dies nicht, so sieht man sich dennoch keineswegs veranlasst 
auf das Piincip der Lebenskraft zurückzugreifen, sondern man bleibt sich des 
Umstandes wol bewusst, dass unsere heutigen Untersuchungsmethoden nicht ent- 
fernt ausreichen, um den wahren Ursachen der physiologischen Prozesse im 
vegetabilischen Organismus auf den Grund zu kommen. 
Die Fragen nach derjenigen Ursache, welche bei der Mineralstoffaufnahme 
seitens der Pflanzen wirksam sind, können heute noch keineswegs in durchaus 
befriedigender Weise beantwortet werden, aber es ist allerdings bereits möglich, 
auf verschiedene wichtige Gesichtspunkte, welche bei der Lösung der bezüglichen 
Probleme nicht aus dem Auge gelassen werden dürfen, hinzuweisen, und dies 
soll vor allen Dingen im Nachfolgenden geschehen. 
Es leuchtet von vornherein ein, dass sich die Verhältnisse der Mineralstoff 
aufnahme am einfachsten gestalten werden, wenn die Wurzeln sich lediglich 
mit Wasser, in welchem verschiedene Stoffe in Lósung vorhanden sind, in Con- 
  
!) Vergl. SCHULZ-FLEETH, Poggd. Annal. 1851. Bd. 160. pag. 80. 
  
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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