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II. Abschnitt. 2. Das Verhalten der stickstoffhaltigen Verbindungen der Pflanzen. 125
Pflanzen selbstverständlich nur eine beschränkte sein. Wenn die Keimpflanzen
oder die Gewächse überhaupt dagegen normalen Lebensbedingungen ausgesetzt
werden, d. h. wenn ihnen Gelegenheit zur Aufnahme oder zur Erzeugung stick-
stofffreier sowie stickstoffhaltiger organischer Stoffe geboten wird, so erfolgt in
der Regel die Bildung unzáhlig vieler Zellen und die plasmatischen Gebilde der-
selben gehen, nachdem die etwa vorhandenen Reservestoffe verbraucht sind, un-
mittelbar aus den neu producirten lebendigen Eiweissmolekülen hervor.
8 54. DasPflanzenpepsin und die Peptone. — Vor einigen Jahren ist
von GOoRUP-BESANEZ!) die interessante Entdeckung gemacht worden, dass manche
Samen (Wicken, Leinsamen etc.) sowie Keimpflanzen (Gerstenkeimpflanzen) ein
stickstoff- und schwefelhaltiges Ferment führen, welches mit dem Pepsin des
thierischen Organismus die grósste Aehnlichkeit besitzt und als Pflanzenpepsin
bezeichnet werden kann. Uebrigens hat man das Vorhandensein des in Rede
stehenden Fermentes ebenfalls in den Secreten der Drüsen der fleischverdauenden
Pflanzen (z. B. der Nepenthes — sowie Droseraarten etc.) nachgewiesen. Das
Pflanzenpepsin ist, wie das Pepsin des thierischen Organismus, im Stande, bei
Gegenwart von Süuren peptonisirend auf Proteinstoffe einzuwirken. Die Reserve-
proteinstoffe der Samen oder die mit den Secreten fleischverdauender Gewächse
in Berührung gelangenden Eiweisssubstanzen erfahren in Folge dessen eine Um-
wandlung in leicht lósliche und, was insbesondere von Wichtigkeit ist, relativ
erhebliche Diffusionsfáhigkeit besitzende Substanzen (Peptone) welche in den
Geweben der sich entwickelnden Gewächse translocirt und verarbeitet werden
können. Die Peptone entstehen aus Eiweissstoffen unter Vermittlung des Pepsins
höchst wahrscheinlich in Folge eines Prozesses der Stoffmetamorphose durch
Wasseraufnahme und können unzweifelhaft zur Neubildung von Proteinsubstanzen
Verwendung finden. ?)
$ 55. Anderweitige stickstoffhaltige Verbindungen. Neben den
genannten Körpern begegnet man in den Pflanzen noch einer grossen Reihe
stickstoffhaltiger Substanzen. Sieht man von den in den nächsten Paragraphen
eingehender zu besprechende Säureamiden sowie Amidosäuren ab, so ist zu be-
merken, dass wir über die physiologischen Funktionen dieser Verbindungen höchst
mangelhaft orientirt sind. Die sehr häufig in bestimmten Pflanzenspecies vor-
kommenden stickstoffhaltigen Glycoside, wie Amygdalin und Myronsäure etc.
unterliegen wahrscheinlich in den Zellen unter Vermittelung von Fermenten,
Spaltungsprozessen, und als Produkte derselben ist unter anderem Traubenzucker
anzusehen. Dieser Zucker kann wie derjenige, welcher ganz allgemein auf
anderem Wege in den Gewächsen gebildet wird, als plastisches Material Ver-
wendung finden. Verschiedene giftige oder übelschmeckende, resp. -riechende
Stickstoffverbindungen der Pflanzen mögen denselben auch wol als Schutzmittel
thierischen Feinden gegenüber dienen.
Ich bin der Ansicht, dass die erwähnten Stickstoffverbindungen sowie viele
anderweitige Körper (z. B. Nicotin, Coffein, Strychnin, Brucin, Veratrin etc. ele)
neben den sehr wichtigen Sáureamiden und Amidosáuren sowie stickstofffreien
Stoffen als Nebenprodukte des Stoffwechsels in Folge der in den Zellen der
Pflanzen unter allen Umstinden zur Geltung kommenden Dissociation der leben-
digen Eiweissmoleküle entstehen. Die Frage, weshalb in bestimmten Pflanzen-
7) Vergl. GoRuP-BESANEZ, Berichte d. deutschen chem. Gesellschaft 1875, pag. 1510 und
neues Repertorium f. Pharmacie, 1875. Bd. 24. pag. 44.
?) Vergl. MALY, PFLUGER’s Archiv. Bd. 9. pag. 585.
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