126 System der Pflanzenphysiologie.
species gerade bestimmte stickstoff haltige Körper gebildet werden, kann man wol
nur beantworten, wenn man an der von mir geltend gemachten Anschauung
festhält, dass die Lebenseinheiten verschiedener Gewächse einander nicht völlig
gleichen und deshalb auch nicht genau dieselben Zersetzungsprodukte liefern.
$ 56. Die Entstehung von Säureamiden und Amidosäuren in den
Pflanzenzellen. — a. Allgemeines. Es ist bereits angedeutet worden — und
ich komme darauf noch in einem besonderen Kapitel spezieller zurück — dass
die plastischen Stoffe, wenn sie irgend eine Verwendung im pflanzlichen Orga-
nismus erfahren sollen, zunüchst sehr háufig translocirt werden müssen. Die
Proteinstoffe sind nun, wie mit Bestimmtheit nachgewiesen werden kann, nicht
im Stande, aus einer geschlossenen Pflanzenzelle in eine andere überzugehen,
da ihnen die Fühigkeit nicht zukommt, die Cellulosemembran sowie die Haut-
schicht des Plasma passiren zu kónnen. Die Wanderung stickstoffhaltiger Ver-
bindungen in den aus geschlossenen Zellen bestehenden Pflanzengeweben muss
also unter Vermittlung anderer Körper als der Eiweisssubstanzen geschehen, und
es lässt sich nachweisen, dass die Säureamide sowie Amidosäuren in der hier
in Rede stehenden Beziehung eine überaus wichtige Rolle zu spielen berufen sind.
Nach der bereits etwas spezieller begründeten Dissociationshypothese ent-
stehen die Säureamide sowie Amidosäuren neben stickstofffreien Atomgruppen
in Folge der Zersetzung der Lebenseinheiten des Plasma, und ich will dem
früher Erwähnten hier noch hinzufügen, dass dieser Dissociationsprozess nur in
seltenen Fällen mit einer Bildung freien Stickstoffs oder stickstoffreicher anor-
ganischer Verbindungen verbunden zu sein scheint. Wenn sich die Lebensein-
heiten der Bakterien unter Hervorrufung der Fáulnisserscheinungen zersetzen, so
ist damit allerdings die Bildung von freiem Stickstoff und Ammoniak verbunden,
aber im Organismus der hóheren Pflanzen machen sich derartige Phánomene,
soweit wir darüber orientirt sind, niemals geltend. Man hat namentlich mit
Sicherheit nachgewiesen, dass der Stickstoffgehalt der Samen bei normaler
Keimung derselben keine Veränderungen erleidet, so dass also die Keim-
pflanzen selbst nach wochenlanger Vegetation, wenn ihnen keine Gelegenheit ge-
boten wird, Stickstoffverbindungen von aussen aufzunehmen, die nämlichen Stick-
stoffmengen enthalten, die ursprünglich in den ruhenden Samen vorhanden
waren.!) Die Richtigkeit der Angaben von Borscow, wonach höhere Pilze bei
ihrer Vegetation Ammoniak entwickeln sollen, wird von WoLr und ZIMMERMANN?)
bestritten.
b) Die Entstehung von Säureamiden und Amidosáuren in den Keim-
pflanzen. — r. Das Asparagin. (Amidobernsteinsáureamid). Während es bis
jetzt nur gelungen ist, das Vorhandensein des Asparagins in keinem andern
Samen als dem Mandelsamen zu constatiren, hat man in vielen Keimpflanzen
mehr oder minder grosse Quantitüten dieses Sáureamides aufgefunden. Nament-
lich sind die Keimpflanzen der Papilionaceen (z. B. der Lupinen, Bohnen.
Erbsen- und Kleekeimlinge) reich an Asparagin. Aber ebenso ist die Gegen-
wart dieses Korpers in den Keimpflanzen von Zea Mays, 1 ropacolum majus, So-
lanum tuberosum, Silybum marianum etc. leicht zu constatiren. Der Asparagin-
gehalt der Keimpflanzen ist oft ein sehr bedeutender. So fanden SCHULZE und
UuLAUrFT?) z. B. dass die Trockensubstanz 12 Tage alter, im Finstern erwachsener
1) Vergl. DETMER, Vergleichende Physiologie d. Keimungsprozesses etc. 1880. pag. 138.
2) Vergl. WOLF u. ZIMMERMANN, Botan. Zeitung. 1871. No. 18 u. 19.
3) Vergl. E. SCHULTZE u. UMLAUFT Landwirtsch. Jahrbücher. Bd. 5. pag. 849.
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