Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band)

   
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Klasse Il. Algen im engeren Sinne. 235 
Unter allen Chlorophyceen sind die Conjugaten dadurch ausgezeichnet, dass 
die einzigen ungeschlechtlichen Fortpflanzungszellen, welche den Zoosporen der 
anderen Algen gleichwerthig sind, — die beiden Keimzellen der Desmidiaceen, 
die aus der Zygote sich entwickeln, — ausnahmslos unbeweglich sind. 
Eine eigenthümliche Vermehrung, die bei zahlreichen grünen Algen beobachtet 
worden ist, wird bewirkt durch die Bildung sogenannter Protococcus- und Pal- 
mella-Zustinde, deren Auftreten zum Theil wahrscheinlich durch plötzliche Ver- 
üánderungen in den Vegetationsverháltnissen bedingt wird.) Bei dem Ueber- 
gang in den Protococcus- und Palmellen-Zustand verwandelt sich der Thallus 
der verschiedenartigst gestalteten Algen (Coleochacte, Cylindrocopsa, Ulothrix 
Fig. v7 VIII, Stigeoclonium, Chlorotylium. Ulva, Hydrocytium, Stephanosphaera), in 
Haufen gleichförmiger Zellen. Entweder zerfällt der Thallus der fadenfôrmigen 
Algen wie bei Stigeoclonium direkt durch Vergallertung der Membran in seine 
einzelnen sich abrundenden Zellen, oder es gehen erst zahlreiche Zelltheilungen 
nach allen Richtungen des Raumes vorher, und durch Auflösung der Mutterzell- 
menbran werden die aus jeder Zelle hervorgehenden Häufchen von Tochterzellen 
frei. Je nachdem die so isolirten Zellen mit normaler oder mit stark gequollener 
Membran versehen sind, wurden sie früher als Species der Gattungen Protococcus 
oder PaZne//a beschrieben. Dass der Palmella-Zustand von dem Protococcus-Zustand 
aber nur durch den Grad der Membranvergallertung sich unterscheidet, geht daraus 
hervor, dass CIENKOWSKI bei Æydrocytium beide Formen von Zellen aus derselben 
Mutterzelle hervorgehen sah. Aus diesen einzelligen Zustünden kann in ver- 
schiedener Weise der normale Thallus sich entwickeln: bisweilen geht er direkt 
durch das Auswachsen einer derartigen isolirten Zelle hervor, háufiger aber er- 
zeugt eine Protococcus- oder Palmella-artüge Zelle mehrere neue Individuen, die 
unter der Form von Schwáürmzellen frei werden. 
Die geschlechliche Vermehrung erfolgt durch Zygoten. Der Be- 
fruchtungsact, aus dem die Zygoten hervorgehen, tritt bei den Chlorophyceen 
unter dreifacher Form auf. 
1. Als eine Copulation von Planogameten, deren Verschmelzung stets 
noch während des Schwärmzustandes der Gameten erfolgt. (Isogame Befruchtung). 
2. Als Befruchtung ruhender Eier durch schwärmende Spermato- 
zoiden; die Verschmelzung der beiden Zellen erfolgt abweichend von dem 
Copulationsact der Melanophyceen innerhalb der Ei-Mutterzelle, des Oogoniums. 
(Oogame Befruchtung.) 
3. Als eine Copulation zweier Gameten, welche eigener Locomotionsorgane, 
wie es die Cilien der Planogameten sind, vollständig entbehren und als Aplano- 
gameten bezeichnet werden. Active Theilnahme am Verschmelzungsprozess 
zeigen entweder beide Aplanogameten oder die eine Gamete verhält sich dabei 
völlig passıv, so dass man innerhalb dieses Befruchtungstypus zwei Modificationen 
findet, welche als isogame und oogame Befruchtung charakterisirt erscheinen. 
Ausführlichere Angaben über diese Verhältnisse finden sich unten bei der spe- 
ciellen Darstellung der Conjugaten, auf welche die Aplanogameten-Copulation bei- 
nahe ausschliesslich beschrünkt ist. 
7) FAMINTZIN, Die anorganischen Salze als Hilfsmitte] zum Studium der Entwicklung 
  
niederer chlorophyllhaltiger Algen. (Mélanges biologiques tirés du Bulletin de l'Acad. des Sciences 
de St. Petersbourg. 1871. Tome VIII.) — CIENKOWSKI, Zur Morphologie der Ulothricheen. 
(Ebenda 1876. Tome IX.) — CIENKOWSKI, Ueber Palmellenzustand bei Stigeoclonium. (Bot. 
Zeitung. 1876). 
  
  
  
  
  
       
   
    
  
  
  
   
   
  
    
   
  
  
    
  
   
  
  
   
   
   
   
   
    
   
   
   
  
   
   
   
    
  
  
  
  
  
  
    
  
  
   
   
   
   
  
   
     
   
  
   
   
  
  
  
 
	        
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