252 Die Algen im weitesten Sinne.
Aus dem Gewebekörper, welcher aus der Zygote gebildet wird, schlüpft
später der Inhalt jeder Zelle unter der Form einer Zoospore aus, welche in ihrem
Aeusseren völlig den vom ausgebildeten Coleochaete-Thallus erzeugten Zoosporen
entspricht und in gleicher Weise wie jene zu einem neuen Thallus auswächst.
Die Gattung Coleochaete ist trotz ihres geringen Umfanges eine der wichtigsten für die
Deutung der Verwandtschaftsverhältnisse der niederen Pflanzen, insofern als sie in ihrer Ent-
wicklungsgeschichte manche charakteristische Momente zeigt, welche sie als Bindeglied zwischen
Familien erscheinen lassen, deren verwandtschaftliche Beziehungen ohne das Vorhandensein des
Coleochaete-Typus schwer erkennbar sind.
Mit den Characeen stimmt Coleochaete überein in der Form, in welcher die Zygote über-
wintert; die Berindung des die Zygote umschliessenden Oogoniums entsteht indessen bei den
Characeen schon vor der Befruchtung, bei Coleochaete wird die Entwicklung der Hüllfáden da-
gegen erst durch die Befruchtung angeregt. — Auf die Aehnlichkeit, die manche Coleochaete-
Species in der Differenzirung des Oogoniums in einen Bauch- und einen Halstheil und in dem
Zugrundegehen des Plasmas im Halstheil mit den gleichen Vorgüngen im Archegonium der 4fus-
cineen und Pteridophyten zeigen, ist schon (pag. 237) hingewiesen worden.
Am wichtigsten ist Coleochaete dadurch geworden, dass man nicht nur den eigenthümlichen
Prozess der Carposporenbildung der Florideen durch die Entwicklungsvorgünge von Co/eeczaete zu
deuten und auf die letzteren zurückzuführen versucht hat, sondern auch auf Grund dieser Deutung
durch Vermittelung von Colochaete den Anschluss der Florideen an die eigentlichen Algen an-
nehmen zu dürfen geglaubt hat. Man ist sogar im Eifer soweit gegangen, in Verkennung der
fundamentalen Principien der natürlichen Systematik der Organismen die Coleochaeten ganz von den
übrigen Chlorophyceen zu trennen und mit den Florideen zu der Gruppe der Carposporeen zu
vereinigen. Gegenüber diesen Versuchen ist zu bemerken, dass wir in dem Habitus und der
Färbung der Coleochaeten, in ihrem Thallusbau, in der Aufeinanderfolge einer Reihe von unge-
schlechtlichen Generationen, die mit einer Geschlechtsgeneration abschliesst, in ihrer ungeschlecht-
lichen Fortpflanzung vermittelst Zoosporen, in der geschlechtlichen Fortpflanzung durch Zygoten, die
aus der Copulation membranloser Gameten hervorgehen, in der Erzeugung von Zoosporen seitens der
überwinterten Zygote lauter Momente haben, welche bei der Mehrzahl der Confervoideen identisch
wiederkehren, sich auch bei anderen Chlorophyceen finden und kategorisch die Belassung der
Coleochaeten in dem Rahmen der Chlorophyceen fordern. — Nur in zwei Punkten weichen die Co-
leochaeten von den anderen oogamen Confervoideen ab: I. in der nachträglichen Umhüllung des
Oogoniums, die bei manchen Species aber fast ganz fehlt, und — wenn auch schon vor der Be-
fruchtung — auch bei den Characeen vorkommt; 2. in der Fücherung der Zygote durch feste
Membranwände vor der Entwicklung der Zoosporen. Da der letztere Prozess bei zahlreichen
andern Zygoten ohne Fücherung, im übrigen aber vóllig in derselben Weise wie bei Co/eocAaete er-
folgt, so erscheint die Membranbildung bei Co/eechaete nur als eine unbedeutende Abweichung
den übrigen Chlorophyceen gegenüber. Gerade diese Abweichung aber hat die Handhabe für
eine Vergleichung der Carposporenbildung der Florideen mit der Zygotenbildung von Codochaete
geboten, indem man die Verwandlung der Colochaete-Zygote in einen parenchymatischen Gewebe-
kórper der Bildung des Gewebekórpers, der aus dem Carpogon der Florideen hervorgeht, parallel
setzte. Wüàhrend die Nucleusbildung der Florideen eine unmittelbare Folge des Befruchtungs-
actes ist, erweist sich die Fächerung und die Zoosporen-Entwicklung der Colochaete-Zygote aus
der Vergleichung mit dem Verhalten anderer Zygoten lediglich als ein Keimungsprozess.
Wenn man die Ruhezeit, welche zwischen dem Befruchtungsact und der Keimung der Co/eo-
chaete-Zygote eingeschaltet ist, eliminirt, so ist es allerdings moglich, die Veränderung des Florideen-
Carpogons nach der Befruchtung, seine Entwicklung zum Nucleus und die Anlegung der Carposporen
in demselben mit den Vorgüngen zu vergleichen, welche bei gewissen Chlorophyceen zwischen dem
Befruchtungsact und der Entwicklung mehrerer Keimlinge aus der Zygote sich abspielen. Man
kann so das befruchtete Carpogon der Florideen mit dem befruchteten Ei (der Zygote) von
Coleochaete vergleichen; man kann die Nucleusbildung der Florideen der parenchymatischen
Ficherung innerhalb der Coleochaete-Zygote parallel setzen; man kann endlich den Prozess der
Carposporen-Bildung als eine Wiederholung der Zoosporen-Bildung in den Zygotenfüchern von
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