536 System der Pflanzenphysiologie.
kommen der Schwerkraftkrümmungen die von ErrviNG!) und SCHWARZ?) con-
statirte T'hatsache Erwähnung, dass Schwerkraft, resp. Centrifugalkraft keinen
merklichen Einfluss auf die Wachsthumsgeschwindigkeit normal gerichteter Pflanzen-
theile ausüben, wenn sie parallel der Achse derselben wirken. Hingegen fand
ELFVING die Wachsthumsgeschwindigkeit der Fruchtträger von Phycomyces nitens
um etwas verringert, wenn die Pflanzen in umgekehrter Stellung, d. h. mit der Spitze
erdwärts gewendet, zum Versuch benutzt wurden.
$8 42. Die durch Licht- sowie Temperaturschwankungen bedingten
Bewegungen wachsender Laubblätter und Blüthentheile?. Viele Laub-
blätter und Blüthenblätter lassen Bewegungserscheinungen erkennen, welche weder
mit den spontanen Nutationsbewegungen, noch mit den heliotropischen Bewegungen
auf eine Stufe gestellt werden können. Die Stellungsänderungen der Laubblätter
und Blüthenblätter sind abhängig von dem täglich erfolgenden Wechsel äusserer
Bedingungen, sie werden durch den stets wiederkehrenden Wechselder Beleuchtungs-
sowie 'Temperaturverhültnisse bedingt, und man redet daher von täglichen
periodischen Bewegungen, Schlafbewegungen oder mit DamwiN von nycti-
tropischen Bewegungen der erwáhnten Pflanzentheile.
Es ist von vornherein zu betonen, dass sowohl wachsende als auch ausge-
wachsene Organe zu den in Rede stehenden Bewegungen befähigt sind. Die
Grundursachen der Bewegungen sind auch sicher in beiden Fällen der Haupt-
sache nach dieselben, aber trotzdem scheint es für unsere Zwecke geboten, an
dieser Stelle allein die Bewegungsphänome noch wachsender Organe ins Auge
zu fassen und erst weiter unten diejenigen der ausgewachsenen Pflanzentheile zu
behandeln. Ferner ist zu beachten, dass die täglichen periodischen Bewegungen
der Laubblätter sowie Blüthentheile sowohl durch den Wechsel der Beleuchtungs-
als auch durch denjenigen der Temperaturverhältnisse hervorgerufen werden
können, ja dass zumeist sogar ein bestimmtes Organ für beiderlei Einflüsse
gleichzeitig, allerdings in verschieden hohem Grade empfindlich ist. Dieser
Umstand lässt es auch wohl berechtigt erscheinen, dass wir den Einfluss der
Temperatur auf die Bewegung der Laub- sowie Blüthenblätter erst hier besprechen.
Was die Bewegungsphänomene selbst anbelangt, so ist namentlich auf die folgenden
Verhältnisse -hinzuweisen :
r. Die periodischen Bewegungen der noch wachsthumsfähigen Pflanzentheile
kommen in allen Fällen dadurch zu Stande, dass in Folge des Einflusses ver-
änderter Beleuchtungs- oder Temperaturverhältnisse die eine der antagonistischen
Seiten der dorsiventralen Organe schneller als die andere wächst.
2. Es ist wahrscheinlich, dass die meisten Laubblätter für meteorische Fin-
flüsse reizbar sind; allerdings ist aber der Grad der Reizbarkeit ein äusserst ver-
schiedener. Sicher nachgewiesen ist die Empfindlichkeit der Laubblätter von
Impatiens nolitangere, Chenopodieen, Solaneen, Sizene- und Alsine-Arten, Malva
rotundifolia, Linum grandiflerum sowie verschiedener Compositen.
3. Die Bewegungen der Laubblätter kommen unter dem Einfluss wechselnder
N Vergl. ELFVING, Beiträge zur Kenntniss der physiologischen Einwirkung der Schwerkraft
auf Pflanzen. Helsingfors, 1880.
?) Vergl. SCHWARZ, Untersuchungen aus dem botan. Institut zu Tübingen. Bd. ı. pag. 53.
3) Literatur: PFEFFER, physiologische Untersuchungen, 1873. pag. 161; die periodischen
Bewegungen der Blattorgane, 1875; Pflanzenphysiologie, Bd. 2. pag. 254; BATALIN, Flora, 1873.
No. 28 u. 29; SACHS, Lehrbuch der Botanik, 4. Aufl. pag. 841; DARWIN, Das Bewegungsver-
mögen der Pflanzen, 1881.
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