Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band)

   
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4. Das Ernührungssystem. 681 
beobachtet worden. Sie kommen namentlich auf der Blattunterseite vor und 
bilden kreisrunde, linsenfórmige oder rhombische Oeffnungen, welche die ganze 
Tiefe der Epidermiszellen durchsetzen und in darunter befindliche Inter- 
cellularriume miinden. Derartige Spaltóffnungen finden aber deshalb keine all- 
gemeinere Verwendung, weil ihnen begreiflicherweise die Fähigkeit abgeht, sich 
behufs einer zweckentsprechenden Regulirung des Gasaustausches zu erweitern 
oder zu verengern, sich zu öffnen oder ganz zu schliessen. Diese Fähigkeit wird 
bloss erreicht, indem die an die Spalte angrenzenden Zellen als ein zu diesem 
Zwecke speciell eingerichteter Schliess- und Oeffnungsapparat functioniren. Mit 
dem Bau und der Mechanik dieses Apparates haben wir uns im Folgenden zu 
beschäftigen. 
So eingehend der anatomische Bau der Spaltöffnungen seit GREW und 
MALPIGHI studirt wurde, so ist doch das Spiel des Oeffnens und Schliessens bis 
auf die neueste Zeit in den wesentlichen Punkten unaufgeklürt geblieben. Seit den 
grundlegenden Untersuchungen vou Mour's über diesen Gegenstand, welche bereits 
im Jahre 1856 erschienen, ist bis zum Jahre 1881: keine Arbeit verôffentlicht 
worden, welche als ein wesentlicher Fortschritt zu bezeichnen gewesen würe. 
Erst im letztgenannten Jahre brachte eine Abhandlung von ScHwENDENER !) zahl- 
reiche neue Aufschlüsse über die Beziehungen zwischen Bau und Mechanik der 
Spaltöffnungen. Durch den genannten Forscher wurden die wichtigsten dieser 
Beziehungen vollständig klar gelegt und ich werde mich deshalb im Nachfolgen- 
den hauptsächlich auf die erwähnte Abhandlung SCHWENDENER’Ss zu stützen haben. 
Wenn wir der abweichenden Gestaltung des Spaltöffnungsapparates bei ver- 
schiedenen Lebermoosen absehen, so besteht derselbe der Hauptsache nach aus 
zwei nebeneinanderliegenden schlauchartigen Zellen, welche mit ihren Enden fest 
verbunden sind und zwischen sich die eigentliche Spaltöffnung frei lassen. Wenn 
sich diese beiden »Schliesszellen« halbmondförmig krümmen, so erweitert sich 
natürlich die Spalte; wenn sie sich gerade strecken, so verengert und schliesst 
sich die Oeffnung. Von dem Krümmungsgrade der Schliesszellen hängt also die 
Weite der Spaltöffnungen ab; die zu beantwortende Hauptfrage lautet demnach: 
Wie kommt die Krümmung, wie die Gradestreckung der Schliesszellen auf Grund 
ihres anatomischen Baues mechanisch zu Stande? 
Für die Beantwortung dieser Frage war bereits durch H. vou Monr's Unter- 
suchungen der leitende Gesichtspunkt gewonnen worden. Dieser Forscher hat 
nämlich gezeigt, dass durch Einlegen der Präparate in reines Wasser die Spalten 
geöffnet und erweitert, durch Einlegen in Zuckerlösung dagegen verengert und 
geschlossen werden können. Steigt also der Turgor der Schliesszellen, so krümmen 
sich dieselben, sinkt er dagegen, so strecken sich die Zellen gerade. Diese Ab- 
hängigkeit des Spiels der Schliesszellen von der Grösse ihres Turgors muss 
festgehalten werden, wenn man zum Verständnisse ihres anatomischen Baues 
gelangen will. 
zei vielen Pflanzen zeigen die Schliesszellen auf ihrer der Spalte zugekehrten 
Bauchseite weit stárkere Membranverdickungen, als auf der meist zartwandigen 
Rückenseite. Gewöhnlich ist die Bauchseite mit zwei im Querschnitt drei- 
oder viereckigen Verdickungsleisten versehen, welche der oberen und unteren 
Lingskante entsprechen (Fig. 26, 27), und mit Rücksicht auf eine durch das 
1) Ueber Bau und Mechanik der Spaltóffnungen, Monatsberichte der Berliner Akademie d. 
Wissenschaften 1881. 
    
    
  
   
  
   
  
  
  
  
  
   
   
   
  
   
   
   
   
  
  
   
   
  
  
    
  
   
   
  
  
   
   
  
   
   
   
   
   
   
  
   
  
   
    
    
   
	        
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