Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band)

  
  
  
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684 Die physiologischen Leistungen der Pflanzengewebe. 
aufgehängt und zwar oben mittelst jener zarten Membranlamellen, welche das 
Hautgelenk bilden (Aloé soccotrina, nigricans, Templetonia glauca, Allium altaicum 
und Cepa u. A.) Es ist leicht einzusehen, dass durch diese ganze Einrichtung 
die Beweglichkeit der Schliesszellen auf der Rückenseite ermöglicht wird. Ohne 
Hautgelenk wäre der Spaltöffnungsapparat zwischen die starren Epidermiszell- 
wände fest und unverrückbar eingeklemmt und das Oeffnen und Schliessen der 
Spalte unmöglich. 
Die andere Einrichtung ist bereits erwähnt worden. Sie besteht darin, dass 
entweder die ganze Rückenseite der Schliesszelle oder doch ein bestimmter Längs- 
streifen derselben zartwandig ist. Abgesehen von der mechanischen Bedeutung 
dieser Eigenthümlichkeit in der ersten Gruppe von Spaltöffnungen handelt es sich 
hier augenscheinlich um eine Erleichterung des diosmotischen Verkehrs zwischen 
den Schliesszellen und den benachbarten Epidermiszellen. Auch die chemische 
Beschaffenheit der unverdickten Wandstelle weist in manchen Fällen auf ihre 
Bedeutung für den Säfteverkehr hin. Während nämlich die Wandungen der 
Schliesszellen häufig in ihrem ganzen Umfange cuticularisirt sind, besteht die er- 
wähnte Stelle aus gewôhnlicher Cellulose (Macrozamia cylindrica, Pinus-Arten und 
andere Coniferen.) — 
Diese für das Sinken und Steigen des Turgors der Schliesszellen überaus wich- 
tige Einrichtung giebt uns Gelegenheit, auf die Grósse des hydrostatischen Druckes 
in den genannten Zellen und auf die Ursachen seines Wechsels einzugehen. 
SCHWENDENER hat unter bestimmten Voraussetzungen!) die Druckgrósse annáhernd 
berechnet. Bei einer Membrandicke von 1 Mikrom. ist dieselbe (natürlich im 
gespannten Zustande der Schliesszellen) ungefähr 5 Atmosphären, bei 2 Mikrom. 
Membrandicke 10 Atmosphären gleichzusetzen. — Was die Aenderungen in der 
Grôsse des hydrostatischen Drucks betrifft, wodurch eben das Oeffnen und 
Schliessen der Spaltöffnungen bewirkt wird, so ist hervorzuheben, dass alle die- 
jenigen Momente, welche auf die Turgescenz der ganzen Pflanze Einfluss nehmen, 
begreiflicherweise auch den Turgor der Schliesszellen steigern oder erniedrigen. 
Welkt also die Pflanze in Folge der Trockenheit der Luft oder des Bodens, so 
sinkt auch der Turgor der Schliesszellen und die Spaltóffnungen schliessen oder 
verengern sich. Dadurch wird aber die weitere Abgabe von Wasserdampf ver- 
rigert.  Gesteigerte Wasserzufuhr, welche die 'Turgescenz der ganzen Pflanze 
erhóht, kommt dann auch den Schliesszellen zu Gute und die Spaltóffnungen 
können sich wieder öffnen und erweitern. Diese Abhängigkeit des Turgors der 
Schliesszellen vom Turgescenzzustande der ganzen Pflanze macht eben die 
Schliesszellen zu Regulatoren der Transpiration, als welchen ihnen die Fühigkeit 
des Oeffnens und Schliessens vor Allem zukommt. Die Richtigkeit dieser Auf- 
fassung erhellt u. A. aus der auch von SCHWENDENER hervorgehobenen Thatsache, 
dass die Spaltöffnungen verschiedener Wasserpflanzen, welche sich gegen zu grosse 
Transpiration natürlich nicht zu schützen brauchen, niemals geschlossen werden. 
Die Schliesszellen bleiben auch im spannungslosen Zustande gekrümmt. Hierher 
gehören die Spaltöffnungen von Alisma Flantago, Calla palustris, Salvinia natans, 
Azolla, Lemna u. A. Die Functionslosigkeit der Schliesszellen dieser Pflanzen ist 
auch auf ihre anatomische Ausbildung nicht ohne Einfluss geblieben. Bei Azolla 
und Salvinia hat bereits STRASBURGER statt der charakteristischen Halbmondform 
einen polygonal-eckigen Umriss der Schliesszellen constatirt, und das Gleiche habe 
1) Vgl. 1. c. pag. 850. 
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