Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band)

   
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IL Abschnitt. 4. Elementare Molekularvorgünge in den Pflanzenzellen. 69 
inhaltes, andererseits von dem Widerstande, den die gespannten Zellschich- 
ten (Hyaloplasma und Cellulosemembran) der Turgorkraft entgegensetzen. Eine 
sich mit Wasser in Berührung befindende Zelle vergróssert ihr Volumen so lange, 
bis sich die durch die osmotische Saugkraft des Zellinhaltes hervorgerufene Turgor- 
kraft und die Elasticitát der gedehnten Zellenschichten das Gleichgewicht halten. 
Eine Steigerung der Turgorausdehnung kann jetzt nur eintreten, wenn die Tur- 
gorkraft durch irgend welche Ursachen erhóht wird, oder wenn der Widerstand 
der gespannten Zellenschichten abnimmt. Nach dem Gesagten ist es klar, dass 
nur geschlossene Zellen turgesciren kónnen. Zellen, deren Wandungen mit wirk- 
lichen Lóchern versehen sind, kónnen nicht in den Zustand der Turgescenz über- 
gehen. Ueberdies ist auch zu bemerken, dass für das Zustandekommen einer 
normalen Turgescenz der Zellen die Hautschicht des Plasma durchaus unentbehr- 
lich ist, denn die Cellulosemembran allein würde dem vom Zellinhalt ausgeüb- 
ten Druck einen viel zu geringen Filtrationswiderstand entgegensetzen, als dass 
die Erscheinung des Turgors zu Stande kommen kónnte.?) 
8 32. Die Filtration. Wenn die Turgorkraft der Zellen nicht übermássig 
gross ist, so setzen die gespannten Schichten der Zellen diesem Druck einen 
hinreichenden Widerstand entgegen, um den Austritt von Flüssigkeit aus den 
Zellen zu verhindern. Steigt aber die Turgorkraft bedeutend, so kann der Wider- 
stand der gespannten Zellenschichten überwunden und ein Theil der Flüssigkeit 
des Zellinhaltes durch die gespannten Schichten nach aussen filtrirt werden. 
Da der Zellsaft nicht aus reinem Wasser besteht, sondern eine Lösung sehr 
verschiedener Stoffe reprüsentirt, so ist klar, dass in Folge der Filtrationsvorgánge 
aus den Zellen Lösungen austreten müssen. Diese Lösungen besitzen aber 
durchaus nicht die nämliche Concentration wie der Zellsaft, denn man hat 
ermitteln können, dass die Substanz der Membranen, durch welche man Flüssig- 
keiten künstlich hindurchfiltrirt, nicht ohne Einfluss auf die Zusammensetzung der 
Filtrate ist. RuNEBERG?) fand z. B., dass, wenn Eiweisslósungen durch Mem- 
branen hindurchgepresst werdea, das Filtrat meist eine geringere Concentration 
als die ursprüngliche Lósung besitzt. Salzlósungen zeigen hingegen bei der Fil- 
tration ein anderes Verhalten. Die Filtrationsgeschwindigkeit der Lósungen ist 
abhängig von äusseren Verhältnissen und der Beschaffenheit der Lösungen selbst. 
Höhere Temperatur und höherer Druck steigern die Filtrationsgeschwindigkeit; 
Eiweisslösungen passiren die Membranen viel langsamer als Salzlösungen von 
gleicher Concentration. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich die Zellmembranen 
bei dem Vorgange der Filtration ganz ähnlich wie die bis jetzt benutzten 
thierischen und pflanzlichen Membranen verhalten. werden. Ueber das Verhalten 
des Hyaloplasma solchen Flüssigkeiten gegenüber, welche durch dasselbe filtrirt 
werden, sind wir aber zur Zeit nicht weiter unterrichtet. 
§ 33. Der Temperaturzustand der Gewichse. — Es ist bereits mehr- 
fach darauf hingewiesen worden, dass die verschiedensten physiologischen Pro- 
zesse in den Pflanzen sich in hohem Grade abhingig von den Wirmeverhilt- 
nissen erweisen, und es ist aus diesem Grunde selbstverstindlich, dass es ein 
Interesse besitzt, diejenigen Momente, welche den Temperaturzustand der Pflanzen 
bestimmen, zu kennen. 
1) Vergl. SAcHs, Lehrbuch der Botanik, 4. Auflage, pag. 757, und H. DE VRIES, Unter- 
suchungen über die mechanischen Ursachen der Zellstreckung, Halle 1877. 
?) Vergl. RUNEBERG, WAGNER's Archiv f. Heilkunde. 18. Jahrgang. pag. I. 
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
    
   
  
   
    
  
   
  
  
  
  
    
   
   
   
  
  
  
  
  
   
   
  
   
  
   
  
    
  
  
  
  
   
    
  
   
    
  
  
   
 
	        
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