Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band)

  
72 System der Pflanzenphysiologie. 
jüngung, Zelltheilung etc.) gewisse Bewegungsvorgänge der Tagmen des Plasma 
zur Geltung kommen, aber es ist oft selbst nicht leicht, das nächste Resultat 
dieser Bewegungsprozesse im Einzelnen genauer zu verfolgen. Dagegen zeigt das 
Plasma der bereits mehr oder minder völlig ausgebildeten Zellen Bewegungs- 
erscheinungen, die sich bei stürkerer Vergrósserung leichter verfolgen lassen, ja 
die sogar unter Umständen als sehr rapide verlaufende erscheinen. Halten wir 
uns an das Aeusserliche dieser Bewegungsvorgänge, so können wir dieselben 
nach Sacus!) wie folgt classificiren: 
A. Bewegung nackter Protoplasmakórper. 
1. Das Schwärmen der Schwärmsporen und Spermatozoiden. Die 
Protoplasmakörper verändern ihre äussere Form nicht, aber ihre beweg- 
lichen Cilien bewirken eine Rotation um die Längsachse und zugleich eine 
fortschreitende Bewegung im Wasser. 
2. Amöbenbewegungen. Die Plasmamassen (z. B. Plasmodien der Myxomy- 
ceten) verändern ihre äusseren Umrisse fortdauernd und kriechen so auf 
festen Körpern hin. Im Innern des Plasma findet strömende Bewegung 
statt. | 
B. Bewegung des Protoplasma innerhalb der Zellhaut. 
1. Die Circulation des Plasma. Dieselbe kommt in den plasmareichen 
Zellen vieler Pflanzen, zumal in den Zellen der Haare zur Geltung, und 
bei ihrem Zustandekommen laufen von dem wandständigen Plasma aus 
Stränge und Bänder zu der den Kern umgebenden Plasmamasse hin. 
Man unterscheidet dabei Massenbewegung grösserer Plasmaportionen und 
strömende Bewegung an diesen selbst. Jene besteht in Anhäufung oder 
Veränderung des Wandbeleges bald hier, bald dort, Wanderung des kern- 
haltigen Klumpens nach verschiedenen Richtungen und dem entsprechend 
verschiedener Gruppirung der Stränge; innerhalb des Plasma finden strömende 
Bewegungen, oft in entgegengesetzten Richtungen in ein und demselben 
Strange, statt, die an der Bewegung der vorhandenen Körnchen sichtbar 
werden. 
2. Die Rotation des Plasma. — Dieselbe kommt namentlich in den Zellen 
mancher Wasserpflanzen (Characeen, Vallisneria), zur Geltung. Sie besteht 
darin, dass sich die ganze Masse des einen Saftraum umschliessenden 
Plasma an der Zellwand wie ein dicker, in sich selbst geschlossener 
Strom hinbewegt und die in ihm enthaltenen Körnchen und Körner mit 
fortführt. 
Eigenthümliche Bewegungserscheinungen, von denen bis jetzt noch nicht die 
Rede war, zeigen auch die Schizomyceten, idie Zellen der Oscillarien und Dia- 
tomeen?) sowie diejenigen der Desmidiaceen?). 
Ueber die eigentlichen Grundursachen der Bewegungserscheinungen, die sich 
am Protoplasma beobachten lassen, sind wir noch sehr wenig unterrichtet. Auf 
alle Fälle sind jene Ursachen zum Theil in molekularen Bewegungen zu suchen, 
und HOFMEISTER, SACHS, sowie andere Forscher haben es unter Zugrundelegung 
dieses Gesichtspunktes versucht, das Zustandekommen der in Rede stehenden 
Phänomene zu erklären. Auf einige bezügliche Verhältnisse komme ich im dritten 
D Vergl SacHs, Lehrbuch d. Botanik. 4. Aufl. pag. 39. 
2) Vergl. ENGELMANN: Botan. Zeitung. 1879. Nr. 4. 
3) Vergl. STAHL, Verhandlungen d. phs.-medic. Gesellschaft zu Würzburg. Neue Folge. 
Bd. 14. 
   
      
   
   
   
  
  
  
  
    
   
  
    
   
   
   
   
  
   
  
    
    
   
   
  
    
   
   
   
   
   
   
   
  
   
   
   
   
   
   
   
  
  
   
   
   
   
   
  
   
  
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