Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band)

  
     
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
76 System der Pflanzenphysiologie. 
gegebenen Flüssigkeitsvolumen absorbirt wird, hángt unter sonst gleichen Um- 
stinden ab von der Natur des Gases selbst sowie von derjenigen der Flüssigkeit. 
Mit steigender Temperatur nimmt das Absorptionsvermógen der Flüssigkeiten für 
Gase ab. Dagegen ist die von einer Flüssigkeit absorbirte Gasmenge dem herrschen- 
den Druck proportional. Wenn sich nicht ein einziges Gas, sondern ein Gasge- 
misch mit einer Flüssigkeit in Wechselwirkung befindet, so erfolgt die Absorption 
proportional dem Druck, welchen jeder der Gemengtheile ausüben würde, wenn 
er sich allein in dem vom Gasgemenge erfüllten Raum befinden würde (partiárer 
Druck). 
2. Gaseffusion. Von Gaseffusion redet man, wenn ein Ausgleich zwischen 
chemisch gleichen oder verschiedenen Gasen erfolgt, die von einander durch eine 
mit wirklichen Lóchern versehene dünne Scheidewand getrennt sind und unter 
verschiedenem Druck stehen. 
3. Gastranspiration. Dieselbe ist ebenso wie die Gaseffusion mit einer 
Massenbewegung der Gasmoleküle verbunden, und sie kommt zu Stande, 
wenn ein Ausgleich zwischen Gasen, die unter verschiedenem Druck stehen, durch 
Capillaren eifolgt. 
4. Diffusion der Gase. Die Moleküle gasfórmiger Kórper führen so leb- 
hafte Bewegungen aus, dass die Bahnen, welche sie beschreiben, nicht unter dem 
Einflusse der übrigen Gasmolekiüle stehen. Gase lassen sich vollkommen mit ein- 
ander mischen, und sie erfüllen einen ihnen zur Disposition gestellten Raum durch- 
aus. Wenn zwei chemisch verschiedene Gase mit einander in Berührung gelangen 
und durch keine Scheidewand von einander getrennt sind, so wird weder die Be- 
wegung der Moleküle des Gases a durch dieMoleküle desGases b, nach dieBewegung 
der Moleküle des Gases b durch die Moleküle des Gases a behindert, und es 
kommt schliesslich eine vóllige Vermischung der Gastheilchen zu Stande. Es 
ist aber für das genauere Verstündniss des Diffusions prozesses erforderlich, 
auf diejenigen Verhältnisse, welche sich auf die Geschwindigkeit der Moleküle 
verschiedener Gase beziehen, einzugehen. 
Nach der Theorie der Gase besitzen die Moleküle verschiedener Gase be- 
kanntlich bei gleicher Temperatur eine und dieselbe lebendige Kraft. Die leben- 
dige Kraft eines in Bewegung begriffenen Körpers kann aber gemessen werden 
durch seine Masse und das Quadrat seiner Geschwindigkeit. In der Volumenein- 
heit verschiedener Gase sind ferner, wie bekannt, unter gleichen äusseren Ver- 
hältnissen gleich viel Moleküle vorhanden. Da aber das Gewicht der Moleküle 
verschiedener Gase ein verschiedenes ist, so muss sich die Molekulargeschwin- 
digkeit verschiedener Gase unter denselben äusseren Umständen umgekehrt 
proportional dem Quadrat ihres Molekulargewichtes verhalten. 
Es ist klar, dass die Geschwindigkeit der Gasmoleküle bei dem Zustande- 
kommen der Diffusionserscheinungen eine grosse Rolle spielen muss, und nach 
dem Gesagten ist einleuchtend, dass, wenn zwei verschiedene Gase mit einander 
in Wechselwirkung gerathen, die Moleküle des leichteren Gases sich schneller als 
diejenigen des schwereren Gases bewegen werden. Schliesslich kommt aber ein 
vollkommener Ausgleich der Gase zu Stande, und in einer bestimmten Volumen- 
einheit finden sich gleich viele Moleküle des Gases a und des Gases b vor. 
In modificirter Weise wird die Erscheinung der Bewegung der Gase zur Geltung 
kommen, wenn zwei verschiedene Gase (z. B. Wasserstoff und Kohlensäure) nicht 
in unmittelbarem Contakt mit einander stehen, sondern durch eine mit sehr 
feinen Poren versehene trockene Scheidewand von einander getrennt sind, deren 
   
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