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Einleitung‘. 3
gesunden Organen fand man Spaltpilze vor, so z. B nach TrEGEL, BURDON
SANDERSON und NENCKI in Muskeln, Leber, Pankreas, Milz, Speicheldrüsen,
Hoden etc. Wahrscheinlich gelangen sie vom Darme aus in diese Kôrpertheile
hinein. Es wird in den Organen keine Fäulniss hervorgerufen, so lange die
normalen chemischen und physikalischen Vorgänge in den Zellen sich abspielen
und damit das Aufkommen der Entwicklung der Spaltpilze verhindern. Nur da,
wo die Concurrenz der thierischen Zellen zu schwach wird, tritt Vermehrung der
Spaltpilze und damit Zersetzung ein.
Für Pilz-Wucherungen im menschlichen (und thierischen) Kórper gebraucht
man in der medicinischen Wissenschaft den Ausdruck » Mycosen« für Spalt-
pilz-Vegetationen die Bezeichnung »bacteritische Mycosen«.
Man darf mit NàckLi annehmen, dass alle parasitisch im thierischen
und pflanzlichen Kórper auftretenden Spaltpilze aus gewóhnlichen
unschüádlichen, saprophytischen Spaltpilzen entstehen. Für einen
Schizomyceten ist diese Annahme bereits wissenschaftlich sicher gestellt, nämlich
für den Milzbrandpilz, der wie BucHNER nachwies, von dem im Heuaufguss etc.
lebenden Heupilz abstammt.
Die etwaige aus der hóchst einfachen Organisation abzuleitende Ver-
muthung, es móchten die Spaltpilze erst in einer der jüngsten Erdepochen ent-
standen sein, erweist sich einer neuerdings gefundenen Thatsache gegenüber als
nicht zutreffend. Es wurde nämlich vor einiger Zeit eine Entdeckung gemacht,
zufolge deren Spaltpilze bereits zur Zeit der Steinkohlenperiode existirt
haben müssen. Wie vAN TIEGTHEM an Dünnschliffen verkieselter Coniferenwurzeln
constatirte, kommen dort nämlich in der Rinde und dem die Gefässbündelelemente
trennenden Zwischengewebe bisweilen Massen eines mit Clostridium butyricum
der Form nach identischen Spaltpilzes vor, von dem noch alle characteristi-
schen Entwicklungsstadien (isolirte Stábchen, zu Fäden verbundene Stäbchen,
die sporenbildenden spindeligen Zellen) erhalten sind. Das umgebende Gewebe
zeigt deutliche Spuren von Zerstórung, wie sie noch heute in Coniferenwurzeln
von jenem Spaltpilz hervorgerufen werden.!)
Wie ich in Gemeinschaft mit Zahnarzt Dr. W. MirrER constatirt habe, kommen
im Weinstein der Zähne ágyptischer Mumien durch die Kalkmasse geschützt,
wohlerhaltene Spaltpilze vor, die mit unserer heutigen ZLeptothrix buccalis voll-
kommen identisch sind, sowohl nach der Form als nach den Dimensionen der
Entwicklungszustände. Im Laufe von mehreren Jahrtausenden hat dieser Spalt-
pilz also keine merkliche Wandlung in seinen Formen erfahren.
Die Spaltpilze entstehen überall nur da, wo ihre Keime, seien es vegetative,
seien es Dauerzustände (Sporen) vorhanden sind. Früher war man anderer An-
sicht; man nahm an, dass gerade die Schizomyceten wegen ihrer Kleinheit und
ihrer einfachen Organisation unmittelbar aus unorganisirter, also lebloser Materie
entstehen könnten (durch die sogen. Urzeugung, spontane Entstehung, Archi-
genesis, Generatio spontanea, G. aequivoca). Man stützte sich hierbei
vorzugsweise auf die Thatsache, dass sich in vollstándig ausgekochten Nährflüssig-
keiten, in die kein Keim aus der Luft gelangen konnte, dennoch hàüufig Spalt-
7? vaN TIEGHEM, Sur le ferment butyrique à l'époque de la houille. (Compt. rend.
29. Dec. 1879.) Nach Coun (Beitrige zur Physiologie der Phycochromaceen, MAx SCHULTZE's
Archiv. Bd. ITI.) kommen als Einschlüsse des Carnalits von Stassfurt Fáden vor, welche mit
Leptothrixartigen Spaltpilzen die grósste Aehnlichkeit haben. Doch ward ihre organische Natur
noch nicht wissenschaftlich sicher gestellt.
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