Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 1. Hälfte)

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Vergleichende Entwicklungsgeschichte der Pflanzenorgane, 
Stacheln wie bei den Cacteen in Büscheln auf einem Polster stehen, sind die- 
selben einfache Haare, die aus einer Epidermiszelle hervorgehen.1) 
Merkwürdige Parallelbildungen sind ferner wie schon DaRwIN hervorhebt?) 
die »Pollinarien«, vieler Orchideen und Asclepiadeen: in beiden weit aus- 
einanderstehenden Familien bleiben die Pollenmassen einer Anthere mit einander 
vereinigt und sitzen einem Stiele, dem Klebstóckchen, auf, sie sind dazu be- 
stimmt, von Insekten auf die Narben anderer Blühen transportirt zu werden. 
Wir können hier ferner auf die Strukturübereinstimmung der Wasserpflanzen 
aus den verschiedensten Familien hinweisen, sie zeichnen sich alle aus durch 
Reduktion der Gefässbündel die bis zum völligen Verschwinden derselben geht, 
durch grosse Intercellularräume und viele durch fein zertheilte Blätter (Wasser- 
ranunkeln, Æottonia, Myriophylluim etc.) Die genannten Fille sind solche, in 
welche nicht nahe mit einander verwandte Pflanzen unter dem Einflusse gleicher 
Lebensbedingungen analoge Gestalt- oder Strukturverhältnisse zeigen. Dahin 
dürfen wir auch die Thatsache rechnen dass bei zwei einander keineswegs nahe 
verwandten Moossarten Zexcobryum und Sphagnum eine im Wesentlichen über- 
einstimmende Blattstruktur auftritt: eine Anzahl von Zellen verliert ihren Inhalt, 
erhält Löcher 
in der Wand und dient nun als Capillarapparat zur Wasser- 
aufsaugung (vergl. Bd. IL, pag 366 u. 393). Ferner finden wir in der Abtheilung 
der Glumifloren mehrmals unabhängig von einander die Erscheinung auftreten, 
dass ein Deckblatt sich zu einem harten krugförmigen Gebilde um die weibliche 
Blüthe zusammenschliesst. So bei dem » Utriculus« von Carex, dem »Involucrum« 
von Coix, während physiologisch gleichwerthige Bildungen in derselben Reihe 
auch auf ganz andere Weise zu Stande kommen kónnen.?) Es giebt aber eine 
Anzahl von analogen oder Parallelbildungen, die wenigstens nach unseren jetzigen 
Kenntnissen rein morphologische, d. h. 
zu den äusseren Lebensbedingungen 
nicht in Beziehung stehende sind. 
Hierher rechne ich z. B. die Thatsache, dass die Heterosporie d. h. die 
Bildung von nur Antheridien erzeugenden Mikrosporen und von nur Archegonien 
producirenden Makrosporen in den verschiedenen Verwandschaftskreisen der 
> Gefässkryptogamen« unabhängig von einander vor sich gegangen ist, Wir sehen 
heterospore Formen bei den Farnen (im engern Sinn), bei den Equisetinen, und 
den Lycopodinen, bei letzteren ist sogar (wie ich glaube), die Heterosporie zwei- 
mal aufgetreten, nämlich in der Unterabtheilung der Lycopodiaceen und in der 
der Ligulaten. Ob auch die Samenpflanzen von (ausgestorbenen) homosporen 
Formen oder von heterosporen abstammen, dafür haben wir keinen Anhaltspunkt 
und Spekulationen darüber würden in Folge dessen zwecklos sein. 
Ferner sehen wir die Erscheinung, dass die Geschlechtsorgane durch Aus- 
höhlung der Blüthenachse in eine becherförmige Bildung versenkt worden, unab- 
hängig von einander bei den Lebermoosen, welche man als Jungermanniae 
geocalyceae bezeichnet (vergl. Bd. IL, pag. 351 ds. Handbuchs) und bei Inflores- 
cenzen und Blüthen der Samenpfianzen auftreten. Bezüghch der letzteren ist 
hier z. B. zu erinnern an die Inflorescenzen der Feige, welche aus einer becher- 
fórmigen Achse bestehen an deren Innenwand zahlreiche Blüthen sitzen, oder 
an die Bildung des unterstindigen Fruchtknotens, der ebenfalls durch Hohlwerden 
1) Vergl. DELBROUCK, Die Pflanzenstacheln, pag. 27 (HaNsTEIN, Bot. Abhandl. 3. Band). 
?) Entstehung der Arten. 6. Aufl, pag. 217. 
3) Vergl. Zur Entwicklungsgesch. einiger Inflorescenzen. PRINGSH. Jahrb. XIV. Bd. 
  
    
       
    
     
   
    
     
    
    
   
  
    
     
   
  
    
    
     
    
   
  
  
    
   
     
     
     
     
     
  
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