Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 1. Hälfte)

330 Vergleichende Entwicklungsgeschichte der Pflanzenorgane. 
von den freien Spitzen der Fruchtblitter gebildet. Zur Griffel. und Narben. 
bildung kónnen selbst solche Fruchtblátter beitragen, deren Fruchtknotenthei] 
verkümmert. So ist es z. B. bei Rhus (PAYER, a. a. O., Taf. 19), wo drei Frucht 
blátter angelegt werden, aber nur eines derselben eine Samenknospe umschliesst, 
die beiden andern bilden aber ihre oberen Theile ebenfalls zu Griffeln und 
Narben aus, obwobl dieselben háufig kleiner bleiben als die entsprechenden 
Theile des bevorzugten Fruchtblattes. 
  
(B. 402.) Fig. 81. 
Ærodium cicutarium. A Querschnitt durch den G 
riffel, B durch den unteren samenknospen- 
tragenden Theil des Fruchtknotens, 
C Längsschnitt eines jungen Fruchtknotens. 
In den genannten und zahlreichen andern Fällen werden die Narben ge- 
bildet von den apikalen, freien Theilen der Fruchtblätter. In nicht seltenen 
Fällen aber findet die Bildung der Narben auch durch Auswachsen der über den 
Placenten gelegenen Theile der Fruchtknotenanlage statt, es bilden sich 
>Commissuralnarben«.!} So bei den Cruciferen, einigen Papaveraceen u. a. ich 
kann es aber für keine treffende Bezeichnung halten, wenn Paver die Narben 
hier als Verlängerung der Placenten bezeichnet. 
Bei den Papaveraceen finden sich neben gewöhnlicher Narbenbildung auch 
Commissuralnarben: —ZscAAe/sia hat beides vereinigt. Sowohl die Gipfel der 
Fruchtblátter, als die zwischen ihnen liegenden, den 
Theile des Fruchtknotenbechers wachsen zu Narben aus. 
Eigenthümlich ist die Narbenbildung in der Gattung Fapaver selbst. Es 
findet sich hier bekanntlich auf dem Fruchtknoten eine vielstrahlige Scheibe, vom 
Habitus einer stark vergrósserten JMarchantia - Antheridienscheibe. Jeder Strahl 
ist einer der messerfórmigen Placenten superponirt und zeigt auf seiner Ober- 
fläche eine mit Narbenpapillen ausgekleidete Rinne. Es kommt dies Gebilde 
zu Stande dadurch, dass jedes der den Fruchtknoten zusammensetzenden Frucht- 
blütter an seiner Spitze eine dreieckige Narbenwucherung bildet. 
zugekehrten Seitentheile zweier benachbarter Fruchtblätter 
ander zu einer der N 
Placenten superponirten 
Die einander 
verwachsen mit ein- 
arbenstrahlen, deren Rinne den Rest der Verwachsungs- 
stelle und zugleich den eigentlichen stigmatósen "Theil der Narbenscheibe darstellt. 
Anhang: Metamorphe Blüthen. 
Die Blüthen, welche metamorphe Laubsprosse sind, kónnen ihrerseits wieder 
Umbildungen erfahren, welche sie ihrem ursprünglichen Zwecke, der Produktion 
1) Derartige Commissuralgebilde finden sich auch sonst, z. B. an dem Kelche einiger 
Campanula-Arten, wie C. medium, wo aus den Kelchbuchten Blattzipfel hervorsprossen. 
  
   
    
    
    
     
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
    
    
   
        
     
    
    
      
   
   
  
   
       
   
  
    
   
    
   
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