618 Die Morphologie und Physiologie der Pflanzenzelle.
Bismarckbraun im allgemeinen jedenfalls die verholzten Membranen sich braun,
die unverholzten aber violett färben.
Es frägt sich nun zunächst, ob alle die genannten Reactionen bei ein und
derselben Membran stets in gleichem Sinne ausfallen und ob sie also eine ganz
unzweideutige Unterscheidung zwischen verholzten und unverholzten Membranen
zulassen; nach den in dieser Hinsicht vorliegenden Untersuchungen lässt sich
em sicheres Urtheil über diese Frage noch nicht fällen. Noch weniger ist
es aber zur Zeit móglich, darüber genaue Auskunft zu geben, welche Processe
der Verholzung zu Grunde liegen. Von Wichtigkeit ist jedoch in dieser Beziehung,
dass nach einer Behandlung mit Kalilauge oder Salpetersáure die verholzten
Membranen — meist viel eher als die verkorkten — mit Jod und Schwefelsäure
oder mit Chlorzinkjod stets die gewöhnlichen Cellulosereactionen geben.
Man hat deshalb auch vielfach angenommen, dass die Verholzung lediglich
auf der Inkrustirung der Cellulosemembran mit einer in den genannten Reagen-
tien löslichen Substanz, dem Lignin, beruhte. Dies Lignin müsste ferner nach
Analysen von verschiedenen Holzarten der Masse nach ungefähr die Hälfte der
ganzen Membran ausmachen und nicht unbeträchtlich kohlenstoffreicher als die
reine Cellulose sein (cf. BEILSTEIN I, 863). In welcher Weise nun aber die ver-
schiedenartigen Reactionen der verholzten Membranen von dem seiner chemischen
Constitution nach gänzlich unerforschten Lignin abhängen sollten, blieb voll-
kommen unerklärt.
Dahingegen ist es nun neuerdings gelungen, das Vorkommen von zwei in
chemischer Hinsicht sehr wohl bekannten Verbindungen in den verholzten Zell-
membranen zum mindesten sehr wahrscheinlich zu machen: es sind dies das
Coniferin und das Vanillin, von denen das erstere ein Glucosid, das letztere
aber ein Spaltungsprodukt des Coniferins darstellt und als primärer Methyläther
des Protocatechusäurealdehydes aufzufassen ist (ct. HUSEMANN I, 338).
Die Gegenwart des Coniferins in den verholzten Membranen schloss
von HÖHNEL (IV) namentlich daraus, dass das Coniferin mit Phenol und Salzsäure
ganz dieselbe Reaction giebt, wie wir sie oben für die verholzte Zellmembran
angegeben haben; auch gegen Thymol und Salzsäure verhält sich nach MoLISCH
(IIT) das Coniferin im Wesentlichen gleich.
Da nun das Coniferin in Wasser löslich ist, war es ferner wahrscheinlich,
dass sich dasselbe durch siedendes Wasser würde der Membran entziehen lassen,
in der That gelingt auch die Phenol-Salzsäure-Reaction nicht mehr, wenn die
betreffenden Membranen längere Zeit hindurch [nach SINGER (I) etwa 18 Stunden]
mit siedendem Wasser ausgezogen sind, während dann der wässrige Extract mit
Phenol-Salzsäure die Coniferin-Reaction giebt. Wenn nun auch bislang das Coni-
ferin aus dem betreffenden Extrakte noch nicht hat isolirt und rein dargestellt
werden kónnen, so dürfte somit das Vorkommen desselben in den mit Phenol-
oder Thymol-Salzsáure in der angegebenen Weise reagirenden Membranen zum
mindesten sehr wahrscheinlich sein; da nun aber nach den Untersuchungen
voN HóHNEL und MoLiscH’s diese Reactionen ganz allgemein bei den verholzten
Membranen gelingen, so dürfte somit das Coniferin in der That als constanter
Bestandtheil der verholzten Membranen anzusehen sein.
In entsprechender Weise hat nun ferner SixGER (T) auch das Vorhandensein
des Vanillins in den verholzten Membranen nachzuweisen gesucht. Er zeigte
einerseits, dass eine Lósung von chemisch reinem Vanillin mit Phloroglucin und
Salzsáure, Anilin, Indol und Pyrrol ganz dieselben Reactionen giebt wie die ver-
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