690 Die Morphologie und Physiologie der Pflanzenzelle.
nächst noch impermeabel für die meisten Farbstoffe, lässt jedoch auch diese bei
längerer Einwirkung der betreffenden Stoffe ganz allmählich hindurchtreten.
Der Umstand, dass diese Aenderungen in dem Verhalten der Vacuolen-
wandung ganz langsam eintreten, beweist unzweifelhaft, dass nicht etwa durch
Bildung von Rissen die Durchlässigkeitsverhältnisse derselben verändert werden
und dass wir es hier wirklich noch mit osmotischen Erscheinungen zu thun
haben.
Von Interesse ist ferner noch, dass die isolirte Vacuolenwand auch dann,
wenn sie schon an Permeabilität zugenommen hat, stets noch eine vollkommen
glatte Oberfläche behält und bei Schwankungen in der Concentration der um-
gebenden Flüssigkeit sich in entsprechender Weise auszudehnen und zusammen-
zuziehen vermag. Daraus, dass die Vacuolenwand auch im contrahirten Zustande
vollkommen gespannt erscheint und niemals eine Faltenbildung an derselben
beobachtet wird, folgert nun DE VRIES, dass wir es bei derselben stets mit
einer gespannten Membran zu thun haben, die sich, wenn die Concentration der
Aussenflüssigkeit erhöht wird, elastisch zusammenzieht. Demgegenüber wies
jedoch PrEkrrER (X) darauf hin, dass nach dieser Annahme z. B. bei dem An-
schneiden einer ZVz/eZa-Zele die Wandung der grossen inneren Vacuole sich so-
fort elastisch zusammenziehen müsste, was aber in Wirklichkeit nicht erfolgt.
Allerdings lässt sich nun auf der anderen Seite über die von PFEFFER (I, 144)
bereits früher gegebene Erklärung, die eine minimale Spannung der Plasma-
membran und eine Lösung der nach innen gelegenen Membranelemente bei der
geringsten Verdickung derselben voraussetzt, bei dem gänzlichen Mangel irgend-
welcher auf beweiskräftigen Beobachtungen beruhender Anhaltspunkte zur Zeit
noch kein Urtheil fällen.
Schliesslich will ich jedoch noch besonders hervorheben, dass wenn auch
das gleiche osmotische Verhalten der von DE VRIES isolirten Vacuolenwandungen
mit dem des unveränderten Plasmakôrpers dafiir spricht, dass wir es bei jener
nicht mit einem pathologischen Kunstprodukt zu thun haben, dennoch zwingende
Beweise gegen die letztere Annahme zur Zeit nicht erbracht werden können. Noch
weniger scheint mir aber durch die Untersuchungen von pE VRies und WENDT
(cf. pag. 607) ein unzweifelhafter Beweis dafür geliefert zu sein, dass die dem
Zellsaft zugekehrte Plasmamembran, die von DE VRIES als Tonoplast (von
tövos Spannung, Turgor) bezeichnet wird, in der That eine gleiche Selbständig-
keit besitzt, wie der Zellkern und die Chromatophoren und, wie diese, ausschliess-
lich durch Wachsthum und Theilung, niemals aber durch Neubildung vermehrt
wird. Auch die im folgenden Kapitel zu besprechenden Aggregationserscheinungen
können nicht als Beweis für eine solche Annahme gelten.
Kapitel 5.
Die Aggregation.
Die Aggregation wurde in den Drüsenhaaren von Drosera rotundifolia und
einigen anderen insectivoren Pflanzen, bei denen sie in Folge chemischer und
mechanischer Reize auftritt, von CH. DArRwIN entdeckt. Aber erst durch
H. pE VmrEs (IV), der dieselbe an den Drüsenhaaren von Drosera rotundifolia,
bei denen die Aggregation am besten nach einer Fütterung mit geringen Eiweiss-
mengen, Blattliusen oder dergl. zu beobachten ist, eingehend untersuchte, wurde
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