Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 4. Band)

  
   
  
    
  
     
  
  
  
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
348 Die Pilze, 
E. Monomorphie, Dimorphie und Pleomorphie der Fructification, 
Die vorstehend betrachteten mannigfaltigen Formen der Fructification sämmt- 
lich zu erzeugen ist kein einziger unter den bis jetzt bekannten Pilzen im Stande. 
Manche produciren sogar nur eine einzige Fruchtform und kónnen daher als 
monomorph bezeichnet werden: so die Trüffeln, die stets nur Sporangien- 
(Ascus-) Früchte von cleistocarpischer Form besitzen. Andere fructificiren in zwei 
Fruchtformen (sind dimorph). Hierher gehôren u. A. die Mehlthaupilze 
(Erysipheen), Penicillium glaucum, wo wir ausser der Schlauchfrucht noch einfache 
Conidienträger finden, die Mucorineen, welche einerseits wie bei Mucor Spo- 
rangien-, oder wie bei Piptocephalis Conidienträger, andererseits Zygosporen bilden; 
die Saprolegnieen, deren eine Fructification in Schwárm-Sporangien, die 
andere in Oogonien besteht. 
Angesichts solcher Species, welche mehr als 2 Fruchtformen entwickeln, 
spricht man von pleomorpher Fructification. So finden wir bei manchen Rost- 
pilzen, wie z. B. dem Getreiderost (Puccinia graminis) nach DE BARY 5 ver- 
schiedene fructificirende Organe: nämlich Conidienfrüchte in Gestalt von Aecidien 
(Fig. 21, I) Ia 3), Conidienfrüchte in Gestalt von Spermogonien (Fig. 21, IIsp), 
Conidienlager mit Sommersporen (Uredo) Conidienlager aus Wintersporen gebildet 
und einfache Conidienträger, welche bei der Keimung der letzteren gebildet werden 
und kleine Conidien (Sporidien) abschnüren. Ein Russthaupilz (Fumago salicina 
TUL.) vermag nach TurASNE's und meinen Untersuchungen sogar 6 verschiedene 
Fructificationen zu entwickeln; hefeartige Sprossconidien, einfache Conidienträger, 
Conidienbündel, Conidienfrüchte mit sehr kleinen Conidien (Microconidien), 
Conidienfrüchte mit Macroconidien und endlich Schlauchfrüchte. 
Von zablreichen Vertretern der sogen. Hyphomyceten (Fadenpilzen) hat man 
bisher nur füdige Conidientrüger beobachtet, z. B. Zrichothecium, Dactylium, 
Gonatobotrys, Cephalothecium, Hormodendron, von anderen nur Conidienfrüchte, 
z. B. Cincinnobolus, von anderen wieder nur Schlauchfructification (vielen Becher- 
pilzen, Morcheln etc.). 
Es gab eine Zeit, wo man die wichtige Thatsache, dass die meisten 
Pilze mehr als eine Fructification erzeugen, nicht kannte und daher annahm, es 
müsse jede Fructification zu einer besonderen Species gehören. So glaubte man 
z. B, dass die Wintersporen, die Sommersporen, die sogen. Becher- 
früchte und die Spermogonien mancher Rostpilze, z. B. des Getreiderostes, 
ebenso viele Species reprüsentirten, die man in eben so viele Gattungen Puccinia, 
Uredo, Aecidium und Sphaeronema brachte. 
Das Verdienst, zuerst auf jene irrthümliche Auffassung aufmerksam gemacht, 
und den Di- und Pleomorphismus als in weiter Verbreitung bei den Pilzen vor- 
kommend nachgewiesen zu haben, gebührt TTuLAsNE. Weiter haben besonders 
KÜHN, DE BARY, FUCKEL, BREFELD, WORONIN, HARTIG, EIDAM, SCHRÖTER, ich selbst 
u. A. Beiträge zum weiteren Ausbau dieses Gebietes geliefert. 
Eigenthümlicherweise muss bei manchen Pilzen, wenn sie verschiedene Fructi- 
ficationen produciren sollen, ein künstlicher oder natürlicher Substratswechsel 
eintreten. So entstehen z. B. die Aecidien- und Spermogonienfrüchte 
von Puccinia graminis (Getreiderost) immer nur auf den Blättern, Blüthen etc. 
der Berberitze, die Uredo- und Teleutosporenform immer nur auf Grásern. 
Der Brotschimmel (Penicillium glaucum) bildet auf den üblichen Nährgelatinen 
oder an der Oberfläche von Nährflüssigkeiten nur immer diejenige Fructification, 
die man als Schimmel bezeichnet, also die Conidienträger, während die Schlauch- 
  
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