Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 4. Band)

    
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
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Abschnitt IV. Physiologie. 463 
Plasma zusammensetzenden Verbindungen in lebhafte Bewegungszustände (Schwin- 
gungen) versetzt, welche sich derart in die Wandung der Zellen und in die dieselben 
umgebende Flüssigkeit fortpflanzen, dass die Zuckermoleküle, welche sich hier 
befinden, in Mitschwingungen gerathen von solcher Intensität, dass sie in Alkohol- 
und Kohlensäure-Moleküle zerfallen. 
Diese Wirkung dürfte sich, nach NäcgLr's!) Berechnung, als auf eine das 
Drei- und Vierfache des Durchmessers der Hefezelle betragende Entfernung er- 
strecken, und zwar bei kräftiger Gährung. 
Durch die Gährthätigkeit einer Zelle wird nach NAGELI unter allen Umstän- 
den ihr eigenes Wachsthum gefördert. 
Ueber die ebenfalls von NÄGELI (l. c. pag. 93) ermittelte Auscheidung von Eiweiss und 
Peptonen aus gährthätigen Zellen wurde bereits in dem Kapitel: Zur Ausscheidung kommende 
Stoffwechselprodukte berichtet, pag. 453- 
2. Oxydations-Gährungen. 
Bisher hat man nur erst eine Form bei Pilzen aufgefunden, nämlich die 
Oxalsäure-Gährung. Die frühere Meinung, dass innerhalb der Pilzgruppe 
noch eine zweite Art von Oxydations-Gährung vorkomme, nämlich Essigsäure- 
Gährung, erwies sich durch NàcxLrs Untersuchungen an Mycodermen (diese 
waren es, die man als Essigbildner ansprach) als unhaltbar, womit aber keines- 
wegs gesagt werden soll, dass die Möglichkeit eines solchen Vorkommens bei 
irgend welchen andern Pilzen ausgeschlossen sei. 
Die Oxalsäure-Gährung besteht darin, dass gewisse Kohlenstoffverbin- 
dungen, speciell Zuckerarten, eine theilweise Oxydation erfahren, welche zur 
Bildung von Oxalsäure führt. 
Als Materialien für diese Gährung kônnen dienen nach DE BARY?) Trauben- 
zucker und Fruchtzucker, nach meinen Ermittelungen*) auch Galactose, 
Rohrzucker, Milchzucker, Maltose, Dextrin, sowie Glycerin, Mannit, 
Dulcit. 
Die Oxalsiure-Gáhrung scheint einer sehr grossen Zahl von Pilzen zuzu- 
kommen, sowohl Phycomyceten, als Eumyceten. Unterer ersteren sind z. B. 
die Mucorineen, unter letzteren viele Basidiomyceten (Hutschwämme, 
Lócherschwámme, Bauchpilze), zahlreiche Ascomyceten, sowchl Pyrenomyceten 
(z. B. Chaetomium), als Discomyceten zu nennen. Für die Hefenpilze (Saccharo- 
myceten) wies ich?) kürzlich ein Beispiel nach. Aber auch unter den Flechten 
hat man sehr zahlreiche Oxalsiurebildner kennen gelernt. (Man vergleiche hier 
über noch pag. 388). 
Die gebildete Oxalsáure scheint vielfach als Kaliumsalz zur Ausscheidung 
zu kommen, was nach pE Bamv z. B. bestimmt bei Sclerotinia sclerotiorum der 
Fall ist, in andern Fállen (Haarbildungen der Chaetomien-Früchte, Mucor-Sporangien) 
als Kalkoxalat. "Tritt das Kaliumsalz mit einem Kalksalz in Berührung, so wird 
es natürlich in Kalkoxalat umgewandelt. 
Bezüglich der Intensität der Oxalsáure-Produktion giebt es bei den ver. 
schiedenen Pilzen verschiedene Grade. Zu den energischsten Oxalsáurebildnern 
gehórt nach pe Bary (I. c.) Sclerotinia sclerotiorum, was ich nach eigenen Er- 
f; l.c, pag. 83. 
?) Ueber einige Sclerotinien und Sclerotienkrankheiten. Botan, Zeit. 1886. 
3) Ueber Oxalsäuregährung an Stelle von Alkohol-Gährung bei einem typischen Saccharomy- 
ceten (S. Hansenii n. sp.). Ber. d. deutsch. bot. Ges. 1889. 
  
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