618 Die Pilze,
R. HARTIG genau studirt worden, auf dessen Ergebnissen das Folgende vor-
zugsweise fusst. Um von der Basidiospore auszugehen, so ist diese von ellipsoi-
discher, schwach gekrümmter Form, etwa ıo Mikr. lang und 5 Mikr. breit, mit
gelbbrauner, an der Basis einen Keimporus zeigenden Membran und im Innern
mit Fetttröpfchen versehen. Sie keimen in Fruchtsaftgelatine, die mit Urin oder
mit kohlensauren oder phosphorsauren Alkalien (kohlensaurem Kali, phosphor-
saurem oder kohlensaurem Ammoniak) versetzt ist, sowie auf feuchtem Fichten-
holz. Sie dringen unter natürlichen Verhältnissen in das Holz ein und ent-
wickeln sich hier zu reich verästelten, die Holzzellen durchbohrenden Mycelien,
an denen man häufig Abscheidung von Körnchen oder Krystallen von oxalsaurem
Kalk constatirt. Sie zeigen ausserdem häufig in der Nähe von Querwänden die
bekannnten Schnallenbildungen, von welchen eigenthümlicher Weise öfters Seiten-
äste ausgehen. Anfänglich farblos, nimmt das Mycel später oft eine gelbbraune
Färbung an, indem in manchen Hyphen eine gelbbraune Substanz auftritt. So-
wohl die in oder auf dem Holze selbst als im Boden oder zwischen den Steinen
und Fugen des Mauerwerks sich entwickelnden Mycelien nehmen häufig den
Character von Strängen oder auch von Häuten an. In den Strängen kommen
dreierlei wesentlich verschiedene Hyphen vor: ı auffällig weitlumige, reich mit
Plasma und Krystallen von oxalsaurem Kalk versehene, deren Zellen merkwürdiger-
weise fusioniren, indem die sie trennenden Querwände, ähnlich wie bei den
Milchgefässen der Milchschwämme oder den Gefässen höherer Pflanzen, bis auf
gewisse wandständig oder perlschnurartig erscheinende Reste aufgelöst (resorbirt),
bisweilen nach HARTIG auch siebartig (ähnlich wie bei den Siebrôhren) durchbohrt
werden; bisweilen sieht man auch Zellstoffbalken von der Wandung solcher Hyphen
in das Lumen hineinragen; 2. schmale sclerenchymatische Fasern, welche stark,
fast bis zum Verschwinden des Lumens verdickt sind, und deren Wandung durch
Chlorzinkjod dunkelblau wird; 3. schmale dünnwandige, mit Schnallen versehene,
plasmareiche Hyphen, welche, soweit sie in der Peripherie des Stranges liegen,
reichlich oxalsauren Kalk ausscheiden kónnen. Die gefássartigen Elemente
führen nach HanrIG's Anschauung dem wachsenden Mycel oder den Frucht-
trágern schnell reiche Nahrung zu, wáhrend die sclerenchymatischen Hyphen den
Strángen eine gewisse Festigkeit verleihen dürften.
Auf dem Mycel entwickeln sich schliesslich Fruchtlager (Fig. 8o, IV), an Stellen,
wo jenes dem Licht zugänglich wird. Sie treten zunüchst als kreideweisse Hyphen-
geflechte auf, die später rôthliche, violettrôthliche, rothbräunliche oder violettbräun-
liche Farbe annehmen und sich flächenfôrmig ausdehnen, oft fussgross werden und
selbst bis 1 Meter Durchmesser erlangen können. Macht man einen Vertikal-
schnitt durch diese Bildungen, so gewahrt man, wie von dem. weissen, an Luft-
räumen reichen Mycelpolster sich faltige Bildungen erheben, welche von einer
durchscheinenden, gallertigen Schicht bedeckt erscheinen, auf welcher sich die
Hymenialschicht befindet. Dieselbe besteht aus keuligen Basidien, welche auf
4 Sterigmen die bereits erwähnten Sporen abschnürt. Wenn das fleischig-aderige
Hymenium im Alter eintrocknet, so erscheint es aus niedrigen, unregelmässigen,
dünnwandigen, oft gezacktwandigen Waben gebildet, also von ganz anderem An-
sehen, als das im vollen Flor stehende Fruchtlager, ganz abgesehen von der sich
ändernden Färbung, die sich gewöhnlich ins düster Rothbraune oder Violettbraune
oder Rostbraune umändert.
') Die Zerstörungen des Bauholzes durch Pilze. I. Der ächte Hausschwamm (Merulius
lacrymans FR.) Berlin 1885.