Full text: Handbuch der Botanik (1. Abtheilung, 1. Theil, 4. Band)

  
634 Die Pilze. 
Gewebeplatten dar, welche sich vielfach spalten und durch zahlreiche Anasto- 
mosen in der Weise mit einander verbunden sind, dass in grosser Zahl Hohlräume, 
entweder gewundene Gänge (Fig. 86, II) oder aber mehr rundlich erscheinende 
Kammern, Glebakammern genannt, entstehen von meistens winziger Form. Auf- 
gebaut sind diese Gewebeplatten, die man auch hier als Tramaplatten oder 
kurz als Trama (Fig. 86, III7) bezeichnet, aus meist deutlich verfolgbaren Hyphen- 
Dieselben senden verzweigte Aeste in jene Hohlräume hinein, welche an ihren 
Enden Basidien erzeugen (Fig. 86, II. Die Gesammtheit dieser basidien- 
tragenden Hyphen wird Hymenialschicht genannt. Sie kleiden entweder die 
Hohlráume nur soweit aus, dass im Innern ein Luftraum bleibt, oder aber die- 
selben werden von den basidientragenden Elementen fórmlich ausgefüllt. An den 
meist keulenfórmigen oder birnartigen Basidien werden auf lángeren oder kürzeren 
Sterigmen 2, 4, 6, 8 oder mehr Sporen abgeschnürt, meist am Scheitel oder in 
der Nähe desselben (Fig. 87, IV VIII XII; Fig. 86, VIL), seltener lateral (Fig. 88, XI). 
Eigenthümlich ist, dass bei gewissen, und zwar den Lycoperdaceen zuge- 
hórigen Gastromyceten, in der Trama ausser den gewóhnlichen dünnwandigen 
Hyphen derselben schon frühzeitig andere auftreten, welche von jenen dadurch 
abweichen, dass sie sich meist in ganz anderer Weise ausbilden und die ver- 
gánglichen gewóhnlichen Tramahyphen überdauern. Man hat sie Capillitium- 
fasern oder kurz Capillitium genannt. Sie gehen gewóhnlich eine besondere, 
nach Gattungen und Arten verschiedene Verzweigungsweise ein, bilden z. Th. 
eigenthümlich verdickte und meist gebráunte Membranen und sind vóllig quer- 
wandlos oder doch nur spáürlich mit Scheidewünden versehen. Bei Bovista stellt 
jede Capillitiumfaser ein kleines Flóckchen dar, entstanden dadurch, dass ein 
Tramaast sich nach Art eines Mycels verzweigte (Fig. 85) Nach dem Ver- 
schwinden der zarten Tramaelemente und der Hymenialschicht, welche Beide 
aufgelóst werden, vergróssern und verzweigen sie sich noch. Im trocknen Frucht- 
körper stellen sie in ihrer Gesammtheit eine mächtige, wollig-flockige Masse von 
hellerer oder dunklerer Farbe dar. Manche Geaszer-Arten bilden ihre Capillitium- 
fasern in Form von kiirzeren oder lingeren, spindelférmigen, stark verdickten und 
an den Enden meist fein ausgezogenen einfachen Róhren aus, wáhrend bei 
Lycoperdon die Fasern meist verzweigt, langgestreckt, gekrümmt erscheinen und 
bei Geaster hygrometricus und Tulostoma ein zusammenhängendes Netz darstellen. 
Bei gewissen Vertretern, namentlich Bovisten, funktioniren die Capillitiumfasern 
offenbar ähnlich wie die gleichnamigen Bildungen der Mycetozoen, d. h. sie be- 
wirken dnrch die infolge ihrer thatsächlichen Hygroscopicität ermöglichten Be- 
wegungen Lockerung und leichteres Verstäuben der Sporenmasse. Es wäre mög- 
lich, dass gewisse Capillitien den Charakter von eigenthümlich geformten Para- 
physen besitzen, doch stehen entscheidende Untersuchungen noch aus. 
An den Mycelien der Gastromyceten findet nur selten Sclerotienbildung 
statt. : 
Bezüglich des Entwickelungsganges der Basidienfrüchte hat man eruirt, 
dass dieselben im jüngsten Stadium homogene Hyphenknàuel darstellen, welche 
auf rein vegetativem Wege (also nicht durch einen Sexualact) entstehen. Spáter tritt 
dann eine Differenzirung in Peridie und Gleba auf. In der ersteren kónnen sich 
dann bei den Vertretern der Lycoperdaceen und Nidularieen zwei bis 
mehrere Gewebslazen ausbilden, die dann meist verschiedene mechanische Auf- 
gaben erfüllen. In der Gleba entstehen durch Auseinanderweichen gewisser 
Gewebszüge Hóhlungen [Gánge, Kammern (Fig. 87, II)] in die hinein die Elemente 
    
  
	        
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