Full text: Handwörterbuch der Mineralogie, Geologie und Paläontologie (2. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band)

    
   
  
   
    
  
  
  
  
  
   
    
   
  
  
   
   
  
   
  
   
   
  
  
  
   
  
     
   
  
   
  
  
   
  
  
     
  
   
  
   
    
          
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Die Gletscher. 
Karakorum besitzen Gletscher von riesigen Dimensionen, ebenso finden sich auf 
der Westseite der Coast range in Nord-Amerika und in den südamerikanischen 
Anden echte Gletscher. Der Kaukasus besitzt mehrere ausgedehnte Gletscher, 
ebenso Norwegen und Island, die Pyrenäen dagegen besitzen nur wenige Gletscher 
2. Ordnung (pag. 89) in dem Centralgebiete der Maladetta. Um so ausgezeichneter 
ist die Entwicklung der Gletscher in dem ganzen Gebiete der schweizer und 
tyroler Alpen und dieses ist auch für alle Gletscherstudien der Ausgang und das 
classische Uebungsfeld gewesen. 
Der im Allgemeinen beschränkten Verbreitung der heutigen Gletscher 
gegenüber stehen nun die fast über ganz Europa nach und nach erkannten Spuren 
ihrer einstigen ungeheuren Entwicklung. Wie schon erwähnt, waren es wohl zu- 
erst die erratischen Blöcke, welche die Aufmerksamkeit der Naturforscher er- 
regten und sowohl in ihrer Verbreitung über den niedrigen Vorbergen und 
Gehängen der Alpen, als auch in den Ebenen des nördlichen Europa’s, mit 
einer früheren grösseren Eisentwicklung in Zusammenhang gebracht wurden. 
Erst durch die Forschungen von VENETZ, . CHARPENTIER und L. Acassizl) wurde 
das Studium der erratischen Blocke mit dem der übrigen Gletscherspuren, der 
Gletscherschliffe, der Reste alter Moränen u. dergl. die sich in der Schweiz 
räumlich dicht nebeneinander fanden, combinirt und damit zuerst eine frühere 
grössere Gletscherausdehnung erkannt und zum ersten Male im Anschlusse daran 
die Lehre von einer Eiszeit entwickelt. 
Auch aus Schweden, England und Schottland wurde nun die Verbreitung 
erratischer Blöcke, der Gletscherschliffe und Rundhöcker bekannt und wiederum 
war es AGassız, welcher diese Erscheinungen im Norden mit den in der Schweiz 
studirten verglich. In dem »Tille, dem Geschiebe- oder Blocklehm Schottlands, 
erkannte er jene Gesteinsschicht, welche die Eismassen unter sich fortbewegt 
hatten und die in demselben befindlichen zahlreichen gekritzten Geschiebe wurden 
von ihm als das sicherste Kennzeichen einer einstigen Gletscherbedeckung be- 
zeichnet. Cu. ManriNS erkannte zuerst in diesen geschiebereichen Lehmschichten, 
den unter dem Eise forttransportirten Detritus, die Grundmoräne und damit 
vorzüglich waren nun wenigstens. die charakteristischsten Anzeichen für die frühere 
Anwesenheit von Gletschern richtig erkannt. 
Nun wurde zuerst die einstige Ausdehnung der Gletscher auch über ganz 
Skandinavien nachgewiesen, schnell folgte der Nachweis eines einstigen Vorrückens 
der Eisstróme bis in die Ebenen der Lombardei hinunter und Schottland, Eng- 
land und Irland zeigten überall die gleichen Spuren. Eine fast unübersehbare 
Literatur gab Kunde von den Gletscherspuren in fast allen europäischen Ländern. 
In gleicher grossartiger Ausbreitung wurden dieselben über den ganzen nördlichen 
Theil des nordamerikanischen Continents gefunden. Ueberall wurden in eigen- 
artigen Hügelzügen die Endmoränen der einstigen Gletscher wiedererkannt. Die 
schwedischen Asars, wallartig sich hinziehende, sehr häufig theilweise auch 
geschichtete Geröll- und Sandansammlungen gingen aus alten Gletscherab- 
lagerungen hervor. Es sind Moränen, die durch Wasserfluthen eine Umlagerung 
erfuhren. Eine ganz ähnliche Erscheinung sind die Eskers in Irland und die 
Kames in Schottland. Aus der Verbreitung der Gletscherablagerungen und 
Gletscherspuren wurden für die verschiedenen Gebiete die Richtungen der 
einzelnen Gletscherströme hergeleitet und so die Centren gefunden, aus denen 
1) Vergl. des Näheren bei PENK, L c. Cap. L Geschichte der Glacialgeologie. 
  
  
  
  
 
	        
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