Full text: Handwörterbuch der Mineralogie, Geologie und Paläontologie (2. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band)

       
  
  
   
   
   
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
   
  
   
   
  
  
   
  
   
  
  
  
  
  
   
  
   
  
   
  
  
  
   
   
     
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Insecten. 137 
Gleich den beiden eben erôrterten Ordnungen ist auch die der Geradflügler 
oder Orthoptera bereits in der Steinkohlenformation vertreten, und andererseits 
in der heutigen Fauna eine verhältnissmässig artenarme Abtheilung der Klasse. 
Die Orthopteren schliessen an die Pseudoneuropteren an, mit denen sie die 
unvollkommene Metamorphose und die kauenden Mundwerkzeuge gemeinsam 
haben. Aber die beiden Flügelpaare haben sich bereits ungleichartig entwickelt, 
das vordere Flügelpaar ist lederartig oder pergamentartig geworden, es stellt 
sogenannte Flügeldecken dar. 
Dahin gehóren drei Hauptfamilien, die Ohrwürmer, Schaben und Heuschrecken, 
von denen die beiden letzteren bereits in der Steinkohlen-Fauna vertreten er- 
scheinen. 
Die Schaben oder Blattiden, Blattidae, mit drei ziemlich gleichartig ge- 
stalteten Beinpaaren sind durch die erloschene Gattung Blattina mit verhältniss- 
mässig zahlreichen Arten schon in der Steinkohlenformation von Saarbrücken und 
von Wettin bei Halle vertreten. Man kennt von ihnen in den die Steinkohle 
begleitenden Schieferthonen die pergamentartigen Vorderflügel oder Flügeldeckel 
mit einem netzfórmig ausstrahlenden Geader, welches Fiederbláttchen von Farnen 
täuschend nachahmt (vielleicht eine Vermummung oder mimicry). Blattina di- 
dyma GERM. von Wettin wurde zu Anfang unter dem Namen Dictyopteris didyma 
beschrieben und für ein Blatt einer besonderen Farn-Gattung gehalten. Die 
Gattung Blattina steht der lebenden Gattung .B/aZa schon sehr nahe und ist auch 
im unteren Lias (Schambelen im Aargau) noch vertreten. 
Die lebende Gattung Blatta erscheint fossil in Tertiár-Schichten, namentlich 
auch in Bernstein eingeschlossen. 
An die Schaben schliesst sich die Familie der Ohrwürmer oder Oehrlinge, 
Forficulidae, an, die ebenfalls drei ziemlich gleichartig gestaltete Beinpaare be- 
sitzen, aber durch starke zangenfórmig gestaltete Anhüngsel am hinteren Kórper- 
ende eigenthümlich ausgezeichnet sind. Sie stehen den Kifern schon sehr nahe, 
LINNÉ stellte sie noch zu diesen. Besonders sehen sie den Staphylinen sehr 
ähnlich, haben aber noch nicht die vollkommene Verwandlung der Käfer. Die 
Forficulen sind erst in Tertiärschichten fossil nachzuweisen und erscheinen 
namentlich auch wieder im Bernstein eingeschlossen. 
Die grosse Familie der Heuschrecken und ihrer Verwandten, Saltatoria, be- 
greift namentlich ausgezeichnete Springer mit verdickten Schenkeln an den oft 
ungewöhnlich stark verlängerten Hinterbeinen, zerfällt übrigens in mehrere Unter- 
familien, Gryllidae, Locustidae, Acrididae u. s. w. und enthält auch Formen, die 
nicht springen. 
In der Steinkohlenformation kennt man zu Wettin Acrididen, den heutigen 
Feldheuschrecken ähnlich (Acridites), zu Saarbrücken eine besondere Gattung 
Gryllacris. Acrididen finden sich auch im unteren Lias. Am reichlichsten sind 
die Heuschrecken und übrigen heuschreckenartigen Thiere in den Tertiärschichten 
vertreten. 
An die Orthopteren schliesst sich die vierte und am hóchsten stehende 
Ordnung der beissenden und kauenden Insecten an. Es sind die Käfer, Cozee- 
pietra, heute eine der am artenreichsten vertretenen Thierordnungen (mit mindestens 
30000 lebenden Arten) Von den Orthopteren scheidet sie am meisten die 
vollkommene Verwandlung. Die zwei Flügelpaare sind ungleich differenzirt, die 
Vorderflügel sind lederartig oder pergamentartig, gewóhnlich stark erhártet, sogen. 
Flügeldecken. 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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