Full text: Handwörterbuch der Mineralogie, Geologie und Paläontologie (2. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band)

144 Mineralogie, Geologie und Palaeontologie. 
die Abtrennung Siciliens von Italien ist durch alte gebirgsbildende Vorgänge 
bedingt. Zwei Festlandsschollen wurden hier durch eine Querspalte auseinander- 
gerissen, die nicht durch spätere Processe wieder geschlossen wurde. 
Westlich der ganzen italienischen Halbinsel liegt ein anderes grosses 
Senkungsgebiet. Die Inseln sind z. Th. durch diese tektonischen Vorgänge isolirte 
Trümmer des grossen, alten Gebirges, dessen eine ruinenhafte Hälfte Italien selbst 
darstellt, z. Th. hat vulkanische Aufschüttung über dieses Senkungsgebiet hin neue 
Inseln geschaffen. So ist Ceylon, die Japanischen Inseln, Formosa und Hainan, 
vielleicht auch ein grosser Theil der Sundainseln, deren Gliederung im Einzelnen 
durch die Erosion weitergeführt wurde, vom asiatischen Continent, Madagaskar 
vom afrikanischen, die Feuerland- und die Falklandsinseln vom amerikanischen, 
Tasmanien vom australischen Continent durch tektonische Vorgänge geschieden 
worden. 
Dass auch auf solchen durch tektonische Abgliederung entstandenen Inseln 
vulkanische Aufschüttungen statthatten, wie es z. B. in Sicilien, Sardinien u. a. 
der Fall ist, kann die Stellung dieser Inseln im System nicht ändern; die Inseln 
würden, wenn auch in kleineren Dimensionen, doch bestehen bleiben, wenn man 
die vulkanischen Producte von ihnen abgehoben dächte. 
Die Erosion, welche an den Küsten die Lostrennung von Inseln bewirkt, 
beruht vornehmlich auf der Einwirkung der Meereswellen, mit denen aber auch 
die Thätigkeit der Winde, Niederschläge, des Frostes, Eises, und der fliessenden 
Wasser in geringerem Maasse sich vereinigt. 
Die zerstörende Kraft der Brandungswellen, die in Folge der Veränderungen 
der Meeres- und Festlandsgrenze immer andere Angriffspunkte findet, ist das 
wichtigste Agens zur Inselbildung. Die wild zerrissenen Westküsten von Schott- 
land und Irland liefern deutliche Beispiele solcher Küstenzertrümmerung und 
hier überall lässt sich erkennen, wie die geognostische Zusammensetzung, die 
härtere oder weniger harte Beschaffenheit der Gesteine und deren Wechsel an 
den Küsten die Formen und den Reichthum der Inseln bedingt, welche durch 
die Erosion abgelöst werden. 
Auch die Kreideschollen von Rügen und anderen Inseln der Ostsee, sowie 
endlich in der Nordsee die ganze Kette der holländisch-friesischen Küsteninseln, 
auch die Insel Helgoland sind Beispiele von Erosionsinseln. Hier hat überall 
die Veründerung der Meeresniveaulinie ganz besonders die Wellenthátigkeit in 
ihrer fortschreitenden Zerstörung unterstützt. 
Auch alle Fjordregionen gehóren hierhin. Die Gletscherwirkung hat vielleicht 
hier an der Ausmeisselung der tiefen Wasserschluchten bedeutend mitgearbeitet 
(vergl. Art. Gletscher. Bd. IL, pag. 100). Ausgezeichnet sind durch ihren Reichthum 
an Fjordinseln in Europa die Küsten von Skandinavien, Schottland, Irland und die 
Bretagne. Auch die Nordwestküste von Spanien, die Küstengebiete an der Südseite 
der Mittelmeerlinder und an der Ostseite des adriatischen Meeres sind reich an 
Erosionsinseln. Ein sehr ausgedehntes, an Inseln überaus reiches Gebiet dieser 
Art verläuft längs der Küste des östlichen Asiens; die koreanischen, japanischen, 
chinesischen und indischen Archipele verdanken ihre Gestaltung vornehmlich der 
zerstörenden Thätigkeit der Wellen in Verbindung mit der tektonischen Ver- 
schiebung der Küstenlinie selbst. Auch Australien und das von ihm durch 
tektonische Vorgänge abgetrennte Tasmanien besitzen zahlreiche Erosionsinseln 
langs der Küste, Neuseeland endlich ist überaus stark, in seinem südwestlichen 
Theile vornehmlich, zu Küsteninseln zersplittert. Zu den besonders inselreichen 
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