Full text: Handwörterbuch der Mineralogie, Geologie und Paläontologie (2. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band)

154 Mineralogie, Geologie und Palaeontologie. 
Eine Erweiterung der Auffassungsweise des Isomorphismus aber trat ein, 
als man fand, dass Verbindungen verschiedener Formel unbedingt als isomorphe 
Species sich herausstellten. Hierher gehören in erster Linie die quadratischen 
mit Anatas TiO, isomorphen Species Scheelit CaO-WO,, Reinit FeO. 
WO;, Stolzit PDO-WO,, Wulfenit PbO- MoO, und Fergusonit Y,O,:Nb,0,, 
ferner die quadratischen mit Rutil TiO, und Kassiterit SnO, isomorphen 
Species Tapiolit FeO-Ta,O, und Xenotim Y,0,-P,0, und die mit Brookit 
TiO, isomorphen Species Tantalit FeO-Ta,O, und Niobit FeO-Nb,O,. 
Bei diesen konnte gegenüber den beiden Säuren TiO, und SnO,, von 
denen die Titansáure trimorph ist, den Rutil, Anatas und Brookit bildend, nicht 
von einer Vertretung im Sinne der früher angeführten Beispiele die Rede sein, 
sondern es trat hier lediglich das gleiche Verhàáltniss in der Zahl der Atome 
von Metall und Sauerstoff hervor. Der Trimorphismus der Titansáure, welche 
ein Atom Metall und zwei Atome Sauerstoff ‚enthält, erfordert in den aus 
mehreren Moleculen TiO, gebildeten Krystallmoleculen eine verschiedene An- 
ordnung, wührend das Verhàáltniss r:2 dasselbe bleibt, gleichviel wieviel Mole- 
cule TiO, in ein Krystallmolecul des Rutil, Anatas oder Brookit aufgenommen 
werden. Dasselbe Verhiltniss 1:2 ist in den isomorphen Species vorhanden, 
als 2:4 z. B. im Scheelit, als 3:6 z. B. im Tantalit, als 4:8 z. B. im Xenotim 
und darin liegt zunächst die Möglichkeit des Isomorphismus mit Anatas, Brookit 
oder Rutil, während die besondere Anordnung der. in diesen Verhältnissen vor- 
handenen elektropositiven Atome und der des Sauerstoff übereinstimmend mit der 
Anordnung der Atome Titan und Sauerstoff in Anatas, Brookit oder Rutil den 
Isomorphismus mit je einer der drei Modificationen der Titansäure bedingt. 
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An diese Beispiele des Isomorphismus, welche deutlich zeigen, dass nicht 
die Qualität der Stoffe, sondern die Zahl und Anordnung der Elementaratome 
in den Krystallmoleculen den Isomorphismus bedingen, reihen sich andere, 
welche diese Auffassung als die richtige im Weiteren bestätigen. 
So ist z. B. der Nitrit oder Kalisalpeter K,O-N,O, isomorph mit 
Aragonit CaO-CO, und der Nitratin oder Natronsalpeter Na,O-N,0, 
isomorph mit Calcit CaO-CO,. Von irgend welcher Verwandtschaft der Stofte 
kann nicht die Rede sein, dagegen ist das Zahlenverhältniss der elektropositiven 
und elektronegativen Atome dasselbe, in Calcit und Aragonit sind 2 elektro- 
positive Atome (1Ca und 1C) mit 3 Atomen Sauerstoff verbunden, im Nitrit 
und Nitratin sind 4 elektropositive Atome (2K oder 2Na und 2N) mit 6 Atomen 
Sauerstoff verbunden, das Verhältniss also dasselbe 4:6 — 2(2:3) und die be- 
sondere Anordnung der Elementaratome in den Krystallmoleculen bedingt den 
Isomorphismus mit Aragonit in dem einen, mit Calcit in dem anderen Falle. 
Solche Beispiele zeigen mehrfach die Silicate, wo, wenn auch die Säure 
dieselbe ist, die Basen andere sind und dabei doch die Elementaratome auf 
gleiche Zahlen und gleiche Verhältnisse untereinander führen. 
Als solche Beispiele können der Albit und Anorthit angeführt werden. 
Sie sind anorthisch und isomorph. Der Albit ist ein Natronthonerde-Silicat der 
Formel Na,Al„O,-SigO,,; er enthält 26 Atome und auf 10 Atome Metall 
16 Atome Sauerstoff Der Anorthit dagegen ist ein Kalkthonerde-Silicat der 
Formel CaAl,O,-Si,O,, er enthält 13 Atome und auf 5 Atome Metall 8 Atome 
Sauerstof. Hiernach sind zwei Molecule Anorthit einem Atome Albit gleich- 
zustellen und es enthalten dann zwei Molecule Anorthit und ein Molecul Albit 
        
     
  
  
  
   
  
  
   
   
    
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
     
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