Full text: Handwörterbuch der Mineralogie, Geologie und Paläontologie (2. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band)

   
  
  
     
  
  
  
  
  
  
   
    
     
      
    
   
  
     
  
  
  
  
  
  
  
     
  
     
  
   
246 Mineralogie, Geologie und Palaeontologie. 
Haidenflächen der gemässigten Zonen und bieten an feuchten Stellen warmer 
oder heisser Klimate auch noch einzelne baumartige Gewächse von ıo bis zu 
höchstens ı7 Meter Höhe. 
Die Gefäss-Kryptogamen erheben sich in der Organisation von Stengel oder 
Stamm und Laubwerk bereits beträchtlich über die Moose und schliessen sich 
in denselben Stücken in ihren höheren Formen schon den gymnospermischen 
Blüthenpflanzen nahe an. Während bei den Moosen und ihren Verwandten der 
ganze Pflanzenkörper noch aus Zellen, die noch ziemlich gleichartig oder nur 
wenig verschiedentlicht erscheinen, aufgebaut wird, entwickeln sich im Achsenorgan 
der Equiseten, Farnen und Lycopodiaceen bereits eigenthümliche Stränge ge- 
streckter Zellen und Gefässe, die Gefässbündel oder Fibrovasalstränge, fasciculi 
vasorum, wie sie bei den hóherstehenden Blüthenpflanzen allgemein vorkommen. 
Wahre Gefüsse treten darin auf, Tracheiden, namentlich sogenannte Treppenge- 
fásse, vasa scalarizformia. 
In ihrer áusseren Tracht folgen die Gefüsskryptogamen verschiedenen Typen. 
Ausgezeichnet gequirlt sind die Equiseten, sie gehóren gleich den Charen, 
Casuarinen und Ephedren dem Typus verticillatus an. Moosartige Tracht zeigen 
die Lycopodien und Selaginellen und in ähnlicher Weise wiederholt sich dieser 
Typus bei manchen Coniferen. Grasartig sind die Isoéten und Pilularien. Laubig 
und oft palmenartig erscheinen die Farnen. Man muss solche Analogien aber 
vorsichtig nehmen und nicht gleich Affinitáten darin erblicken. 
Wichtigere Merkmale der Affinitát sehen wir an Prothallien und Sporen. Sie 
dienen der neueren Classification der Gefäss-Kryptogamen. Laubig und einem 
flachen Lebermoos ähnlich ist das Prothallium bei Farnen und Equiseten. 
Knollenfôrmig und unterirdisch ist das Prothalium bei Lycopodien und Ophio- 
glossen. Sehr unansehnlich und meist noch in der Spore eingeschlossen er- 
scheint das Prothallium bei den Rhizocarpeen, Isoéten und Selaginellen. 
Gleichsporig sind die Equiseten, die Farnen mit den Ophioglossen und die 
Lycopodien (Cryptogamae vasculares isosporac). 
Ungleichsporig sind die Rhizocarpeen, Isoéten und Selaginellen (Cryptogamae 
vasculares heterosporae). Sie entwickeln grössere Sporen oder Makrosporen, die 
weiblich sind und kleinere Sporen oder Mikrosporen, die männlich sind. Bei 
diesen ungleichsporigen Gefüsskryptogamen verringert sich die Ausbildung des 
Prothaliums, welches nunmehr innerhalb der aufreissenden Spore verbleibt. 
Hier treten nun auch in der Gestaltung des Archegoniums und des aus diesem 
hervorkeimenden jungen Pflánzchens Charactere auf, die denen der Phanerogamen, 
namentlich der Cycadeen und Coniferen, sich schon nahe anschliessen. Dies ist 
namentlich bei den Selaginellen der Fall. 
Die wichtigen Charactere der Fructification und der Keimung lassen sich 
bei den fossil auftretenden Formen der Gefüsskryptogamen nur sehr spürlich ver- 
folgen. Von ihrer Keimung weiss man gar nichts. Fruchtgebilde findet man 
nur selten erhalten und auch dann in der Regel nur nach den roheren Umrissen 
zu erkennen und oft vom übrigen Pflanzenkórper abgetrennt. Die Systematik 
der fossilen Formen rückt daher auch nur langsam vor und bedarf noch gar 
mancher glücklicheren Funde. Ganze Classen und Ordnungen, wie z. B. die 
Sigillarien und Nóggerathien, schwanken in ihrer Stellung überhaupt noch zwischen 
Gefüsskryptogamen und gymnospermischen Phanerogamen oder nehmen vielleicht 
auch wirklich eine vermittelnde Stellung ein, die noch nicht zur Genüge er- 
kannt ist. 
      
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