Full text: Handwörterbuch der Mineralogie, Geologie und Paläontologie (2. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band)

  
  
   
    
   
     
    
  
  
      
    
   
  
   
   
  
   
    
     
    
  
  
  
  
  
   
  
     
  
  
    
   
   
    
    
    
  
88 Mineralogie, Geologie und Palacontologie. 
boedrischer Krystalle, wie sie z. B. bei Schoubkau unweit Schemnitz in Ungarn 
vorkommen) scheinen noch häufiger zu sein, wie die Fundorte Orawitza in Ungarn, 
Whitehall in Spotsylvania County in Virginien, Washington in Davidson County 
und die Phönixgrube in Cabarras County in Nord-Carolina und die Uncel 
Samsgrube in Montana in Nord-Amerika zeigen. Sie sind zinnweiss bis stahl- 
grau, metallisch glänzend, besonders auf den vollkommen basischen Spaltungs- 
flächen; undurchsichtig, sind milde, dünne Blättchen biegsam, haben H. = 1,0—2,0 
und spec. Gew. = 7,4—7,5 und finden sich oft derb, krystallisch-blittrige Aggregate 
bildend. V. d. L. auf Kohle schmelzen sie leicht unter Entwickelung schwefliger 
Säure, was bei dem schwefelfreien Tellurwismuth nicht der Fall ist, die Kohle 
gelb und weiss beschlagend und ein Metallkorn gebend, welches fast gänzlich 
verflüchtigt werden kann. In Salpetersäure löslich, Schwefel abscheidend. 
Die Gletscher 
Professor Dr. A. v. Lasaulx. 
Gletscher sind stromáhnlich sich 
fortbewegende Eismassen von 
oft ungeheurerAusdel 
inung und Máchtigkeit, die in sogen. Firnschnee- 
feldern entspringen und daraus genührt werden. Die Gletscher sind 
eines der bemerkenswerthesten Werkzeuge der an der Oberfläche der Erde wirk- 
samen dynamisch-geologischen Kräfte. 
Ihre Thätigkeit ist aber eine zweifache, erstens hervorgehend aus der un- 
mittelbaren mechanischen Einwirkung auf ihre Unterlage und die Seitenwände 
ihres Bettes und zweitens bedingt durch die Fortbew 
Gesteinstrüimmern in ihrem Bereiche. 
Die Bedingungen ihrer Entstehung, ihre Beschaffenheit und die Gesetze 
ihrer Bewegung in der Gegenwart bieten den Schlüssel zum Verstündniss ihrer 
heutigen und ihrer vergangenen Verbreitung und geologischen Bedeutung. 
Die Gesammtheit aller Erscheinungen, welche durch die Thätigkeit der 
Gletscher jetzt und in früheren geologischen Epochen erzeugt worden sind, pflegt 
man als das Glacial- oder Gletscherphänomen zu bezeichnen. Die Wichtig- 
keit, Grossartigkeit und allgemeine Verbreitung desselben hat eine ausgedehnte 
wissenschaftliche Literatur hervorgerufen. Man spricht mit Recht von einem selbst- 
ständigen Zweige der Geologie: Der Glacialgeologie. 
. Die erste Bedingung zur Bildung von Gletschern ist das Vorhandensein 
reichlicher, ausdauernder Schneemassen. 
einer ergiebigen, 
egung und Translocirung von 
Diese wiederum sind abhängig von 
durch die Wärme bedingten Verdunstung in den Gegenden, 
aus denen die Winde dem Gletschergebiete die Niederschläge zuführen, von 
dem Vorhandensein von Gebirgen, welche auf diese Niederschläge eine con- 
densirende Wirkung ausüben und endlich von der hinlänglichen Erkaltu 
ng der 
Atmosphäre, 
um die Niederschläge als Schnee zum Fallen zu bringen. Die- 
selben Bedingungen sind es auch, die mit der Breitenlage eines Ortes die Höhe 
der sogen. ewigen Schneegrenze für denselben bestimmen. 
Die Lage der ewigen Schneegrenze fällt keinesweges überall mit der dem Null- 
grade der Temperatur entsprechenden isothermalen Linie zusammen, sondern ist sehr 
verschieden, auch bei gleicher geographischer Breite, je nach der Menge der Nieder- 
schläge. Auf den südlichen Abhängen des Himalaya liegt trotz der wärmeren Lage die 
     
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