Mineralogie, Geologie und Palaeontologie.
Das Tertiärbecken von Paris ist ein Gebiet, in welchem die Verhältnisse
für artesische Brunnen ganz besonders günstig sind und wo auch eine grössere
Zahl derselben erbohrt ist. Die Stadt Paris nimmt ungefähr das Centrum des
Beckens ein, dessen Schichten tellerfórmig einsinken und im ringfórmigen Ver-
laufe in mehr oder weniger hóherer Niveaulage im Süden, Osten und Norden
zu Tage ausgehen. Die zur Kreideformation gehórigen Grünsande sind von den
thonigen, compacten und dadurch undurchlássigen Schichten des Gault überdeckt.
Diese Grünsande gehen als ein continuirliches Band von den Ardennen bis an
die Loire zu Tage aus, immer in einer Hóhe, welche die der Ebene von Paris um
über roo Meter überragt. Unter Paris aber findet sich die Schicht der Grünsande
in einer Tiefe von 5—6oo Meter. Wenn man sie hier also mit einem Bohrloche
erreicht, so vermag sich der Wasserstrahl nach dem Gesetze der communiciren-
den Róhren über die Ebene von Paris noch um ca. 60 Meter (Reibung, Ver-
lust u. dergl. vermindert diese Hóhe) zu erheben.)
Der bekannte Bohrbrunnen von Grenelle hat die wasserführende Schicht
der Grünsande bei 548 Meter Tiefe erreicht und die Höhe der Rohrleitung, in
der er über der Oberfläche aufzusteigen gezwungen wird, beträgt 73 Meter.
Die Wassermengen solcher artesischer Brunnen sind z. Th. ganz ungeheuer,
der Brunnen von Grenelle gab anfangs 3200 Kubikmeter in 24 Stunden, der von
Passy 20000 Cubikmeter. Die Wassermengen haben sich etwas verringert, da-
durch, dass man sie höher aufzusteigen zwang. Die Temperatur der Wasser von
Grenelle ist 287, d. i. 17? mehr als die mittlere Jahrestemperatur des Ortes.
Zahlreiche artesische Brunnen finden sich auch in England, in der Sahara,
in Nord-Amerika u. a.?)
Wie man am besten an den artesischen Brunnen zu erkennen vermag, hängt
sowohl der Wasserreichthum als auch die Temperatur der Quellen von ihrer
Tiefe ab. Brunnen, die nur sehr geringe Wassermengen und auch diese nur
zeitweise in deutlich erkennbarer Abhängigkeit von den atmosphärischen Nieder-
schlägen liefern, sogen. Zeit- oder Hungerbrunnen haben in der Regel nur
ein sehr peripherisches Gebiet ihrer Quellwurzeln. Aus oberflächlichen Sammel-
becken, sumpfigen Wiesen bilden sie sich über einer in geringer Tiefe befind-
lichen undurchlässigen Schicht und vermögen daher nicht sich lange zu erhalten,
wenn die Niederschläge über ihrem Sammelbezirke fehlen. Sie trocknen daher
in der heissen Jahreszeit aus, um mit der Regenzeit wieder zu erscheinen.
Dass hingegen andere Quellen aus bedeutender Tiefe emporsteigen, zeigen
auch die Beziehungen ihres unterirdischen Quellnetzes zu Bergwerken. Dass diese
oft über ausgedehnte Gebiete und in grosse Entfernungen von dem Orte ihrer
Schachtmündung die Quellen zum Versiegen bringen, ist eine bekannte That-
sache. Das beruht natürlich nur auf der Möglichkeit eines unterirdischen Zu-
sammenhanges, d. h. eines tiefen Hinabreichens der Quellwurzeln. Der belgische
Bleiberg bei Aachen entzog durch seine Tiefbauten im Umkreise von fast einer
Stunde allen Quellen die Wasser und erhielt dadurch selbst so bedeutende Zuflüsse,
dass dieselben zeitweise über 2000 Cubikmeter in der Stunde betrugen und durch
Pumpwerke von über 2000 Pferdekráfte kaum bewültigt werden konnten.?)
Aber auch bei der Entziehung der Quellwasser durch Bergwerke ist vor
1) LAPPARENT, Géologie, pag. 239.
?) LERSCH, Hydrophysik, pag. 284.
3) Die Wasser des Baches Geule flossen grösstentheils geradezu auf den Schichtenfugen in
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