Full text: Handwörterbuch der Mineralogie, Geologie und Paläontologie (2. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band)

   
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Reactionen, chemische, der Minerale. 139 
und er wird vollstindig aufgelóst, beide Erscheinungen, das starke Aufbrausen 
und die Lôslichkeit in der Säure sind Reactionen des Calcit. Erhitzt man ein 
farbloses Spaltungsblättchen von Gyps in einem Glaskólbchen über einer Spiritus- 
flamme, so blättert es sich ein Wenig auf, wird weiss und undurchsichtig und der 
obere Theil des Kôlbchens beschlägt mit Wasser. Diese Erscheinungen sind 
Reactionen des Gyps. 
Aus diesen wenigen Beispielen ersieht man, dass man Reactionen erhalten 
kann, wenn man Mineralproben in Flüssigkeiten lóst oder wenn man sie erhitzt 
und man hat desshalb die Prüfung der Minerale auf doppeltem Wege vorzu- 
nehmen, indem man sie entweder in Wasser oder in anderen Flüssigkeiten zu 
lósen versucht oder sie auf verschiedene Weise erhitzt, den nassen oder trockenen 
Weg einschlágt. 
I. Prüfung der Minerale auf dem trockenen Wege. 
Hierunter versteht man jede Untersuchung eines Minerals, bei welcher es 
der Einwirkung einer hóheren Temperatur ausgesetzt wird. Hierzu dient zunächst 
die Erhitzung durch die Flamme einer Kerze, einer Spiritus- oder Oellampe oder 
durch eine Gasflamme. Man nimmt gewöhnlich kleine Stückchen oder einzelne 
Splitter, welche man vermittelst einer kleinen Zange mit Platinaspitzen fasst und 
sie in die Flamme hält, oder solche in ein Glasrohr steckt, auf ein Metallblech 
(am besten aus Platin) legt und über die Flamme hält, oder die Probe auch 
pulverisirt und das Pulver so über der Flamme erhitzt. Das Glasrohr kann an 
beiden Seiten offen oder an einer Seite geschlossen sein, in welchem letzteren 
Falle man von der Erhitzung im Glaskolben spricht. Bei jeder solchen Erhitzung 
beobachtet man genau alle Erscheinungen, welche die Mineralprobe zeigt, ob 
sie unverändert bleibt, die Farbe, die Pellucidität und den Glanz verändert, ob 
sie anschwillt, sich aufblittert, zerfillt, mit Knistern zerspringt, zusammensintert, 
schmilzt, sich aufbläht, ganz oder theilweise verflüchtigt, ob sichtbare Gase ent- 
weichen und ob sich verflüchtigende Stoffe an der Wandung des Glasrohres oder 
des Glaskolbens ansetzen, sich ein Destillat oder ein Sublimat bildet, ob die 
Probe mit oder ohne Flamme, mit oder öhne Geruch verbrennt, ob ein oder was 
für ein Rückstand übrig bleibt u. dergl. 
Da bei solcher einfachen Erhitzung viele Minerale keine besonderen Reac- 
tionen zeigen, obgleich die Erhitzung bis zum Glühen gesteigert werden kann, 
so wendet man meist das vielbekannte Löthrohr, welches 1772 von ENGESTRÖM 
erfunden wurde, an, weil durch dasselbe eine viel stärkere Hitze erzeugt wird. 
Bei der Anwendung des Löthrohres hat man zunächst die Art der Flamme, die 
Unterlage und die Reagentien zu berücksichtigen, wodurch die Reactionen 
bedeutend vermehrt werden, und das Verhalten vor dem Löthrohre wird 
dadurch für die Diagnose der Minerale sehr wichtig. 
Was zunächst das Löthrohr selbst betrifft, so ist die Form desselben ziemlich 
gleichgiltig, da selbst das einfachtste zweckmässig wird, wenn man sich an das- 
selbe gewöhnt hat, nur ist es jedenfalls vortheilhaft, wenn dasselbe mit einer 
Platinspitze versehen ist. 
Bei der Flamme, durch welche man mit dem Löthrohre bläst, sei es die 
einer Kerze, einer Oel- oder Spirituslampe oder eine Gasflamme, unterscheidet 
man deutlich einen inneren und áusseren Theil, die Reductions- und die 
Oxydationsflamme, so benannt, weil der äussere Theil der Flamme durch 
den umgebenden Sauerstoff der Luft beeinflusst wird und desshalb auf die Probe 
      
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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