Full text: Handwörterbuch der Mineralogie, Geologie und Paläontologie (2. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band)

  
140 Mineralogie, Geologie und Palaeontologie. 
oxydirend einwirkt, wáührend der innere Theil oft bei Sauerstoffverbindungen 
diese in einen niederen Oxydationszustand oder in den elementaren Zustand zu- 
rückführt, reducirt. 
Die Mineralprobe kann nun vermittelst einer kleinen mit Platinspitzen ver- 
sehenen Metallzange (Pincette) in Gestalt kleiner Stückchen oder als Splitter, wobei 
ein Theil der Probe über die Platinspitzen hinaus frei sein muss, in die durch 
das Blasen mit dem Lóthrohre umgelenkte Flamme gebalten werden, entweder in 
die äussere oder an die Spitze der inneren Flamme. Oder man legt die Probe 
als kleines Korn oder Splitter auf eine Unterlalge, in den meisten Fällen auf 
gut ausgebrannte Buchen- oder Lindenkohle, bisweilen auf ein Platinblech. Bei 
der Anwendung der Kohle ist es meist zweckmdissig, damit man nicht durch 
den verstirkten Luftstrom die kleine Probe fortblasen, mit einer Messerspitze eine 
kleine Vertiefung in die Oberfläche der Kohle zu machen und in diese die Probe 
zu legen, kein zu grosses und tiefes Loch, weil man dadurch manche Er- 
scheinungen verhindert. Mineralproben, welche beim Erhitzen im Glasrohre oder 
Glaskolben mit Knistern zerspringen (decrepitiren) pulverisirt man vor oder nach 
dem Erhitzen in jenem in einer Achatschale, macht mit einem "Tropfen Wasser 
einen Teig und legt ein Klümpchen davon auf die Kohle oder streicht es in das 
Oehr eines Platinadrahtes, um so die Probe vor dem Lóthrohre (v. d. L.) prüfen 
zu kónnen. 
Bei allen diesen Manipulationen beobachtet man alle Erscheinungen, welche 
die Probe zeigt, in dhnlicher Weise, wie bei der Erhitzung ohne Lóthrohr, doch 
werden v. d. L. die Erscheinungen reichlicher, es tritt oft Schmelzbarkeit ein, 
wo ohne Lóthrohr sich keine zeigte, es wird die Lóthrohrflamme bisweilen eigen- 
thümlich gefürbt, es bildet sich durch das Schmelzen ein Glas, ein Email oder 
eine Schlacke, es bilden sich auf der Kohle in minderer oder grósserer Ent- 
fernung von der Probe weisse oder farbige Beschláge, es zeigt sich ein eigen- 
thümlicher Geruch oder es entwickeln sich sichtiich Dámpfe oder ein Rauch. 
Obgleich nun durch die angegebene Art der Untersuchungen v. d. L. die 
Mineralproben vielerlei Verhalten, vielerlei Reactionen zeigen, so hat man beob- 
achtet, dass die Anwendung gewisser Substanzen, die man Reagentien nennt, 
die Reactionen vermehrt und die Qualitát wesentlicher und unwesentlicher Be- 
standtheile erkennen lásst. In diesem Sinne sind die gewóhnlichsten Reagentien, 
mit denen man die Proben eines Minerals, wenn man es ohne Reagentien nach 
Móglichkeit behandelt hat, in Verbindung setzt, Soda, Borax oder Phosphorsalz. 
Soda (oder besser gereinigtes doppelt-kohlensaures Natron, Natriumbicarbonat), 
Borax (zweifach borsaures Natron) und Phosphorsalz (phosphorsaures Natron- 
Ammoniak) als feines Pulver werden entweder mit der gepulverten Mineralprobe 
gemengt, das Gemenge mit einem Tropfen Wasser angefeuchtet und eine kleine 
Quantitit des Teiges auf die Kohle gelegt und so das Gemenge v. d. L. auf Kohle 
behandelt, oder man bringt ein Klümpchen des Teiges in dem Oehre eines Platina- 
drahtes vor die Lóthrohrflamme, oder man schmilzt Borax oder Phosphorsalz 
für sich im Oehre des Platindrahtes, oder auch auf der Kohle oder auf Platin- 
blech und fügt dann die Mineralprobe dazu, gepulvert oder, was in vielen Fällen 
zweckmüssiger ist, in Gestalt kleiner Kórnchen oder Splitter. 
Diese Reagentien verschmelzen nun entweder mit der Mineralprobe, welche 
oft in ihnen wáhrend des Erhitzens gelóst wird, zu weissen oder farblosen oder 
gefärbten Gläsern, zu Schlacke oder Email, oder es bleibt die Mineralprobe, ohne 
angegriffen zu werden, oder es treten partielle Veränderungen ein. 
    
  
  
  
  
   
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
   
  
   
  
  
   
    
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