Full text: Handwörterbuch der Mineralogie, Geologie und Paläontologie (2. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band)

   
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Mineralogie, Geologie und Palaeontologie. 
absáumung des Fluges und sonst veründerte Lebensweise zurückgegangener 
Schwimmvogel. Muthmaasslich gab es während der Kreide-Epoche viele solche 
Zahnvögel. Man hat auch noch ziemlich viele Vogelreste in Kreide-Schichten 
gefunden, einige noch in Kansas, andere in den Oststaaten von Nord-Amerika, 
ein paar auch in Europa. Aber diese Reste sind zur Entscheidung nicht voll- 
ständig genug und es kann sehr wohl damals auch schon zahnlose Vögel ge- 
geben haben. 
Die normalen Vögel begleitet von einigen Straussen und anderen fluglosen 
Formen, sind von der Eocán-Formation allein noch vertreten und bevólkern jetzt 
in zahlreichen Gattungen und meist grosser Artenmenge das Festland und die 
Lüfte. Diese alle führen nur Hornscheiden an den Kiefern. 
Es stellt sich also in der geologischen und wie wir weiter schliessen dürfen, 
auch in der genetischen Reihenfolge der Vógel in Bezug auf Bezahnung oder 
Zahnlosigkeit der Kiefern ein ähnlicher Entwicklungsgang wie bei den Pterosauriern 
heraus (pag 157), das Gebiss verarmt von Stufe zu Stufe. Der Archaeopteryx aus 
dem oberen Jura und die beiden Vögel aus der oberen Kreide von Kansas be- 
sassen ähnlich wie die Pterosaurier bezahnte Kiefern. Alle sonst aus jüngeren 
Schichten bekannten und alle heute noch lebenden Vôgel entbehren der Zähne 
und haben statt deren nur mit Horn belegte Kieferränder. Eine ähnliche Um- 
bildung nimmt man auch bei den Schildkrôten, Ichthyosauren und Monotremen 
an. Es ist also ein ziemlich verbreiteter Vorgang — der allerdings in einigen 
Fállen zum Erlóschen geführt hat. 
Mehr lässt uns die geologische Geschichte im Stich bei den Straussen und 
ihren Verwandten. Es giebt auch eine Hypothese, nach welcher dieselben un- 
mittelbar — ohne Vermittelung der Flugvögel — von Dinosauriern abstammen 
würden. Hierbei dreht es sich besonders darum, ob der Hesperornis der oberen 
Kreide durch Abgewöhnung des Fluges eine Rückbildung erlitt oder ob er die 
entsprechenden Charaktere der Abstammung von Dinosauriern verdankt. Das 
Beispiel mancher heutiger sehr ähnlicher Fälle unter den Flugvögeln, z. B. bei 
Alca-Arten, bei welchen fliegende und fluglose nebeneinander auftreten, dürfte eher 
dafür sprechen, dass Z/esperermis und die Strausse zurückgebildete Zweige von 
Flugvógeln sind und überhaupt bald hie bald da im Verlaufe der geologischen 
Epochen ein unter abweichende Bedingungen gelangter Flugvogel fluglos wurde. 
Wir kommen nun zum System der lebenden und fossilen Vögel. Es ist aus 
verschiedenen Gründen, namentlich aber weil die Abkunft der Strausse proble- 
matisch bleibt, noch ziemlich provisorisch. Wir unterscheiden einstweilen Saururae 
oder lang geschwänzte Vôgel, Odontornithes oder Zahnvôgel, Ratitae oder Lauf- 
vôgel, Cursores, und Carinatae oder kielbrüstige Flugvôgel. Wir wollen sie als 
Unterklassen bezeichnen. 
Die langgeschwànzten Vógel, Saururae, sind nach einer einzigen Art 
bekannt, dem vielgenannten Archacopteryx lithographica Mey. (Archacopteryx ma- 
crurus Ow.) aus dem oberen Jura (lithographischer Kalkschiefer) von Solenhofen in 
Franken, von wo man bis jetzt zwei Skelette (1861 und 1878) kennt, die einander 
ziemlich ergänzen und über die Hauptfragen Entscheidung bringen. Das erste 
derselben gelangte für 700 Pfund Sterling (14175 Mk) nach London. 
Dieser Archacopteryx war ein von den heute lebenden, ziemlich weit abweichen- 
der Flugvogel, zum Fluge schon unzweifelhaft eingerichtet, aber in der Be- 
fiederung ganz eigenthümlich geartet. Er war von mässiger Grösse, aber mit einem 
über Körperlänge erreichenden Schwanze versehen. Das nach Berlin gelangte 
    
   
   
    
   
    
   
  
  
    
   
  
   
   
   
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
    
   
    
  
  
  
  
  
  
    
  
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