416 Mineralogie, Geologie und Palaeontologie.
es unter activer oder passiver Ortsbewegung. Dabei konnten dann fremde
Pflanzen und Thiere in ein neues Festlandgebiet auf neu eróffneten Verbindungs-
wegen — z. B. über neu aufgetauchte Isthmen —- ihren Einzug halten. Auch
im Meere konnte in Folge einer Abkühlung sowohl ein Erlóschen mancher
Arten als eine zonenweise Verschiebung anderer statt haben.
Wir müssen aus zahlreichen Thatsachen der Geologie und der Paläontologie
folgern, dass in den älteren Perioden — namentlich noch bis zur Trias-Epoche —
von den Polen bis zum Aequator ein gleichmässig warmes Klima herrschte. Es
beruhte dies darauf, dass die Erdwärme noch sehr hoch war und die Unter-
schiede in Folge ungleicher Sonnenbestrahlung keinen merklichen Betrag aus-
machten. Von den Polen bis zum Aequator herrschte damals noch eine Flora
und Fauna von entsprechend gleichmässigem Wärmebedürfniss und noch ohne
alle Zonen-Verschiedentlichung.
Die Korallen des silurischen Meeres wucherten im Nordpolarkreis ebenso
üppig wie heute in den tropischen Meeren und die baumartigen Kryptogamen
der Steinkohlen-Epoche gediehen zusammen mit Araucarien sowohl im arktischen
Gebiet als in niederen Breiten.
Die allmähliche, von den Polen gegen den Aequator vorschreitende Ab-
kühlung des Erdkörpers und die dadurch hervorgebrachte Verschiedentlichung
klimatischer Zonen setzte die in früheren Epochen wesentlich gleichförmig über alle
Theile der Erdoberfläche verbreitete Pflanzen- und Thierbevölkerung in eine
eigenthümliche im Ganzen meridiane, aber oft seitlich abgelenkte Be-
wegung. Die Abkühlung begann an den Polen und rückte von diesen aus
gegen die äquatorialen Regionen vor, bis daraus das heutige zonenweise abgestufte
Klima der Erdkugel hervorging.
Diese Aenderung der Klimate in den höheren und. den mittleren Breiten
hat offenbar auf die Gestaltung und Verbreitung der Pflanzen- und Thierwelt,
namentlich aber die des Festlandes einen tiefgehenden Einfluss geübt.
Vor Allem tritt dieser deutlich im Verlaufe der tertiären Formationen und
der darauf folgenden Eiszeit hervor. Arktische und antarktische Pflanzen und
Thiere folgten soweit als die Bahn der Wanderung ihnen frei stand, dem sich
vorschiebenden kühleren Klima. Vor ihnen zog eine ältere Flora und Fauna
dem Aequator zu, sofern sie nicht in Folge einer Sperrung ihrer Bahn schon
früher stille stand und ausstarb.
Diese Wanderung von Pflanzen und Thieren in Folge der polaren Abkühlung
dauerte beiläufig von der Jura-Epoche an bis zum scheinbaren Stillstand des
heutigen Zeitalters. Um den Aequator aber sammelten sich die fortlebenden
Reste der ehemaligen Bevölkerungen höherer Breiten wie auf einer gemeinsamen
von der hereinbrechenden Abkühlung noch unberührten Zufluchtsstätte wärme-
bedürftiger Organismen.
Eine ganze Reihe solcher Wanderungen der Pflanzen- und 'Thierwelt ist
reichlich erwiesen für die Erstreckung vom Nordpol — oder mindestens dem ihn
umgebenden Festlandgebiet — bis zum Aequator und darüber hinaus. Ueber-
haupt hat sich der Nordpol als die Wiege eines bedeutenden Theils der neueren
Lebewelt — zunächst der Dicotyledonen und der grösseren Hälfte der Säuge-
thiere herausgestellt.
Während die nördliche Halbkugel über die zonenweise Verschiedentlichung
des Klimas und die Wanderungen der Flora und der Fauna mannigfache Auf-
schlüsse ergeben hat, wissen wir in dieser Hinsicht aus dem antarktischen Ge-
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