596 Mineralogie, Geologie und Palaeontologie.
befindlich. Durch den Einfluss der Sonne steigt Wasser als Wasserdampf in die
Atmosphäre, verdichtet sich daselbst wieder und gelangt als atmosphärischer
Niederschlag zur Erde zurück. Ein Theil des meist in flüssiger Form erfolgenden
Niederschlages verdunstet wieder sofort, oder wird von den an der Oberfliche
der Erde lebenden Organismen aufgenommen, ein anderer Theil dringt in den
Boden ein, ein weiterer fliesst oberflichlich ab. Es ist klar, dass an den ver-
schiedenen Stellen der Erdoberfläche die Quantitäten Wassers, welche ver-
dunsten oder in den Boden eindringen oder oberflächlich abfliessen, sehr verschie-
dene sein werden, je nach den klimatischen Verhältnissen, der Gesteinsbeschaffen-
heit und der Vegetationsdecke. Sowohl das oberflüchlich abfliessende Wasser,
als auch der grósste Theil des in den Boden eindringenden Wassers, welches in
Gestalt von Quellen wieder zu Tage tritt (vergl. den Artikel »Quellen« III,
pag. 123), strómt den tiefer gelegenen Theilen der Erdoberflüche zu, um endlich
die grossen Sammelbecken zu erreichen, von welchen aus neuerdings der Kreis-
lauf beginnt. Auch die Schnee- und Eismassen, welche sich aus den über der
Schneegrenze jahraus jahrein in fester Form ansammelnden Niederschlügen bilden,
wandern langsam der Tiefe zu, (vergl den Artikel »Gletscher« II, pag. 88) sind
sonach keineswegs von dem allgemeinen Kreislauf des Wassers ausgenommen.
Nehmen wir die Oberfläche der Meere. zu 6800000 Quadratmeilen, ihre durch-
schnittliche Tiefe zu } Meile an, so ergiebt sich ein Volumen der Meere von
3400000 Cubikmeilen, welches sich zu dem Volumen der Erde wie 1:780 ver-
hält, während die Masse der Hydrosphäre zu jener der gesammten Erde sich
Wie 1:4540 verhält. Nehmen wir ferner an, dass auf der ganzen trockenen Erd-
oberfläche jährlich circa 3000 Cubikmeilen Wasser (Niederschläge als Thau, Regen,
Hagel und Schnee) fallen, so wären 1133 Jahre nothwendig für den gesammten
Wasserumsatz des Meeres, oder ehe der Inhalt der Meere einmal verdunstend
sich erneuert.!) Es ist jedoch hierbei vorausgesetzt, dass kein Wassertheilchen des
Meeres die Reise zweimal zurückgelegt und es ist nicht in Rechnung gezogen, dass
wohl die Verdunstung an der Oberfläche der grossen Weltmeere die Hauptquelle
des Wassergehaltes der Luft bildet, dass aber auch Seen, Flüsse und vegetations-
reiche Landstrecken grosse Mengen von Wasserdampf an die Atmosphäre ab-
geben, deren Condensation an der oben angenommenen Niederschlagsmenge
theilnimmt. ^ Ueberdies sind ausgedehnte abflusslose Strecken des Festlandes von
dem grossen Kreislauf des Wassers abgeschnitten, so das grosse Gebiet der ab-
flusslosen Seen in Ost-Europa und im westlichen und mittleren Asien, fast ganz
Nord-Afrika (mit Ausnahme des schmalen Nilthales, welches hauptsüchlich Cen-
tralAfrika entwüssert) und Arabien, ein bedeutendes Gebiet von Nord-Amerika
zwischen dem Felsengebirge und der Sierra Nevada, kleinere Theile in den süd-
amerikanischen Anden und im Gebiete der argentinischen Republik, endlich der
gróssere Theil Neuhollands.
Abgesehen von diesem grossen Kreislauf des Wassers aus dem Meere durch
die Atmospháre auf das Festland und von diesem wieder zurück zum Oceane
scheint auch ein weiterer, kleinerer und unvollkommener Kreislauf des Wassers
mit dem Vulkanismus zusammen zu hingen. Setzen wir mit REYER voraus, dass
das irdische Magma nicht genugsam durchtrünkt ist, um eruptionsfähig zu sein,
und nehmen wir an, dass Infiltration von der Oberfläche her nothwendig ist, um
das Magma durch genügende Durchtränkung ausbruchsfähig zu machen (die Mög-
') F. HocHsTETTER, Allgem. Erdkunde (Unser Wissen von der Erde. I. Bd.) pag. 386.
N
) E. REvER, Physik der Eruptionen. pag. 50.
|
I
|
|
|
I