Full text: Handwörterbuch der Mineralogie, Geologie und Paläontologie (2. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band)

       
  
  
   
    
    
    
     
  
  
  
  
  
    
  
  
  
  
  
    
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
   
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
644 Mineralogie, Geologie und Palaeontologie. 
  
einem gemeinsamen Bildungsraum; zur norischen Zeit erscheint die mediterrane 
von der juvavischen Provinz scharf geschieden, und mit dem Beginne der karni- 
schen Stufe stellt sich allmählich die Verbindung wieder her. Während jedoch 
die norische Stufe der mediterranen Triasprovinz nur in zwei palaeontologische 
Zonen zu zerlegen ist, zerfällt jene der juvavischen Provinz in nicht weniger 
als fünf. 
Am schwierigsten gestaltet sich die Vergleichung von Ablagerungen aus 
verschiedenem  Bildungsmedium. Die Entwicklung des organischen Lebens 
auf dem Festlande und im Meere hàált keineswegs gleichen Schritt. So können 
wir z. B. im Miocün Ost-Europa's eine ganz verschiedene Chronologie auf 
Grund der aufeinanderfolgenden Siugethierfaunen des Festlandes und der Con- 
chylien-Faunen des Meeres aufstellen. Während im Meere die Ablagerungen 
der ersten und zweiten Mediterranstufe stattfanden und als zur Zeit der sarma- 
tischen Stufe Absätze aus bereits etwas ausgesüsstem Wasser erfolgten, — während 
also die Conchylienfauna des Meeres sich wiederholte, durchgreifende Aenderungen 
erlitt, persistirte die von den österreichischen Geologen als erste Säugethier- 
fauna des Wiener Beckens bezeichnete Bevölkerung des Landes ungestört, um 
erst während der Ablagerung der Congerienschichten der zweiten Fauna Platz zu 
machen. Ausserordentlich eingehende und sorgfältige Detailstudien sind in solchen 
Fällen nothwendig, um die Gleichzeitigkeit so verschiedener Ablagerungen nach- 
weisen zu können. 
Die Anwendung der palaeontologischen Zonen als Einheit der geologischen 
Chronologie hat demnach mit nicht geringen, in der Sache selbst begründeten 
Schwierigkeiten zu kämpfen. Zu diesen ist vor Allem auch der Umstand zu zählen, 
dass die Variabilität der verschiedenen Klassen, Ordnungen, Familien, Gattungen, 
Formenreihen eine sehr verschiedene ist, und Veränderungen selten gleichzeitig 
eintreten. Man konnte nach Mojsisovics dieser Verlegenheit nur durch zweck- 
mássige Wahl von Normal-Vergleichungstypen entgehen, welche man unter den 
am häufigsten sich ändernden Organismen zu wählen hätte. Wünschenswerth 
wäre es dabei freilich, für die ganze Reihe der Schichtensysteme sich constant 
eines und desselben Vergleichungstypus bedienen zu kónnen. Ein solcher, der 
brauchbar wire, existirt aber nicht. Wohl reichen gewisse Formen (z. B. Zingu/a, 
Rhynchonella) aus den ältesten Versteinerungs-führenden Horizonten bis in die 
Gegenwart herauf, allein sie unterlagen so geringen oder so langsamen Ver- 
änderungen, dass sie schlechterdings nicht zur Fixirung palaeontologischer Zonen 
geeignet erscheinen. Man wird daher, in soweit es sich um die palaeontologischen 
Zonen der Meeresbildungen handelt, für die palaeozoische Aera wahrscheinlich 
die Trilobiten und Cephalopoden, (subsidiür vielleicht auch die Brachiopoden), 
für die mesozoische Aera die Ammonitiden (nach Umstünden subsidiár auch 
andere Conchylien), für die kaenozoische Aera aber die Gasteropoden als Haupt- 
Vergleichstypen wählen, während für die terrestre Entwicklung vorzugsweise die 
Pflanzen und nur subsidiir auch die landbewohnenden Thiere herangezogen 
werden dürften. 
Der Gedanke, in consequenter Anwendung der Descendenzlehre die Ver- 
ánderung der Organismen als geologisches Zeitmaass zu verwenden, hat durch 
DamwrN selbst in einem Briefe an Mojsisovics mit folgenden Worten Billigung 
gefunden. »Ich habe endlich Zeit gefunden, das erste Kapitel Ihrer Dolomit- 
Riffe zu lesen, welches mein Interesse in ausserordentlichem Maasse erregt hat. 
Was für eine wundervolle Veränderung der geologischen Chronologie stellen Sie 
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