Full text: Handwörterbuch der Mineralogie, Geologie und Paläontologie (2. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band)

Mineralogie, Geologie und Palaeontologie. 
Liriodendron ist schon in der Dacota-Gruppe der Kreide-Formation im west- 
lichen Nord-Amerika durch eine Art vertreten, welche der heute noch lebenden 
bereits nahe steht. Der arktischen Miocän-Flora (Spitzbergen, Grönland) fehlt 
Liriodendron. Diese Gattung erscheint aber gleichzeitig in einer niedrigeren 
Breite — und also in milderem Klima — auf Island 641? nórdl Br. Hier 
dürfte damals die nórdliche Grenze derselben Gattung gewesen sein, deren 
einzige noch lebende Art jetzt im óstlichen Nord-Amerika nur bis 4o? nórdl. Br. 
geht, in Deutschland als Parkbaum noch bei 5o und 52? fortkommt. 
Liriodendron ist auch in der miocünen und selbst noch in der pliocünen 
Flora von Europa vertreten. PRocacciNI beschrieb zuerst aus dem obermiocünen 
Gypslager von Sinigaglia bei Ancona (431? Br.) Blütter, die der lebenden nord- 
amerikanischen Art sehr nahe kommen. Dies ist Zzrodendrom Procaccinii UNG. 
Es sind dreilappige Blätter mit grossem Mittellappen, der breiter als die Seiten- 
lappen ist. Der Vorderrand abgestutzt oder etwas ausgerandet. Seitenlappen 
bald zugerundet, bald etwas ausgezogen. Diese Art erscheint auch noch im 
pliocánen Kalktuff von Meximieux bei Lyon. Mit ihr erlischt die Gattung für 
die europáische Flora. 
Die Gattung Z27//z, Linde (Fam. Z7/aceae, Ordn. Columniferae) begreift in der 
heutigen Flora eine mássige Anzahl von Arten, die an die Buchen- und Eichen- 
Region der nórdlichen Halbkugel gebunden erscheinen. Sie enthält Bäume mit 
gewólbter Krone, diese erreichen eine Hóhe von 20—25 auch 35 Meter und 
eine Dicke von 1, selten auch 2—3 Meter. 
Der Blüthenstand ist eine Trugdolde, deren Hauptstiel mit einem zungen- 
fórmigen, eigenthümlich geaderten Deckblatte oder Floralblatte beilàufig bis zur 
Mitte verwachsen ist. Kelch und Krone fünfblütterig. Der Fruchtknoten ist ur- 
sprünglich fünffücherig, gestaltet sich aber durch Fehlschlagen einfücherig. Die 
Frucht ist eine lederige, aussen filzige, nicht aufspringende Kapsel, mehr oder 
minder kugelig oder umgekehrt-eifórmig, oft aussen gekantet oder gerippt, meist 
einfächerig und ein- oder zweisamig. Die Blätter sind ziemlich gross, herzei- 
fórmig, am Grunde schief, am Rande ságezühnig, vorn plótzlich zugespitzt, lang 
gestielt. Die Nervation ist fiederig, aber am Blattgrunde gehen meist noch vom Mittel- 
nerven zwei und drei starke Seitennerven ab, wodurch dieselbe ins handfórmige 
übergeht. Das Wachsthum des Stammes geschieht rasch und das Holz ist weich. 
Die Linden bilden nur selten eigene Waldbestünde, meist finden sie sich 
unter andere Waldbáume vertheilt. Sie gedeihen besonders auf Alluvialebenen 
und in gemässigtem Klima, erreichen aber auch noch mittlere Gebirgshóhen. 
Die Arten entfernen sich nur wenig in ihren Merkmalen vom gemeinsamen Typus, 
es kommen verháltnissmássig viele zwischen Art und Varietit schwankende Formen 
vor, über deren Werth die Ansichten abweichen kónnen. Die Verbreitung der 
Linden-Arten ist circumpolar, doch in klimatischer Hinsicht ziemlich eng abge- 
grenzt. Alle lebenden Arten sind auf Europa, den Mittelstrich von Asien und 
den Osten von Nord-Amerika beschränkt. 
In der Flora der Kreide-Epoche ist die Gattung 77/4 noch nicht nachge- 
wiesen, wohl aber erscheint sie im Miocün von Spitzbergen und von Nord-Amerika 
vertreten. In Europa kennt man sie erst vom oberen Miocän an und während 
der glacialen Epoche waren Linden neben den Buchen und Fichten häufig in 
Mittel-Europa. 
Nach dem Blüthenbau unterscheidet man zwei Arten-Gruppen, die der 
europaea u. die der americana L. 
     
  
    
   
   
  
  
  
  
     
    
    
  
  
  
  
   
   
    
    
  
  
  
     
   
   
     
  
     
  
  
  
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