272 Goldhaar.
stanzen, Gratiolin, Gratiosolin und Gratiolacrin. Das Gratiolin ist ein
weisses, bitter schineckendes, krystallisirbares Pulver; das Gratiosolin ein in
Wasser leicht lóslicher Bitterstoff, das Gratiolacrin ein bei 68? schmelzbarer
rothbrauner harziger scharfer Stoff.
Verwechselungen. 1. Mit Scutellaria galericulata; deren Blitter
sind kurz gestielt, fast herzfórmig, ein wenig rauh und viel dunkler grün, die
Blumen sitzen zu 2 auf kurzen Stielen, einer Seite zugekehrt, sind helmfórmig
gebogen, blau, schmecken schwach bitterlich salzig. 2. Mit Veronica scutel.
lata; die Blátter sind linien-lanzettlich, meist linger als bei Gratiola, dunkler
grün, schmecken schwach zusammenziehend; der Blüthenstand ist eine ausge-
breitete "Traube. 3. Mit Veronica Anagallis; sie ist in allen Theilen viel
grósser, die Blumen 7— 1:0 Centim. lang und bis 21 Centim. und mehr breit,
schmeckt salzig zusammenziehend; der Blüthenstand áhnlich dem vorigen. 4. Mit
Veronica Chamaedrys; der Stengel ist viel dünner, rund, zweireihig behaart;
die Blátter meist sitzend, viel breiter, herzfórmig, eifórmig, eingeschnitten, geságt,
mehr oder weniger, besonders unten, behaart. 5. Mit Galeopsis Ladanum; der
Stengel hat gegenüberstehende Aeste, die gegeniiberstehenden Blätter sind linien-
lanzettlich, weichhaarig und schmecken kaum bitter.
Als charakteristische und leicht zu unterscheidende Merkmale der Gratiola sind
festzuhalten: Dass die Blàátter blassgrün, unbehaart, stiellos sind, sehr bitter
schmecken, und dass die Frucht eine kleine rundliche Kapsel ist, welche auf einem
etwa 25 Millim. langen, dünnen gekrümmten Stiele sitzt.
Anwendung. Innerlich meist als Extrakt, aber in kleinen Gaben, wegen
der drastisch-purgirenden, frisch auch brechenerregenden Wirkung; äusserlich
frisch aufgelegt gegen Gicht, Geschwulst, alte Schäden.
Geschichtliches. Die griechischen und römischen Aerzte erwähnen in
ihren Schriften der Gratiola nicht. LoBELIUS beschrieb sie als Gratia Dei;
VALERIUS CoRDUS nannte sie Limnesium; MATTHIOLUS und DopowaEus bildeten
sie unter dem Namen Gratiola ab, und ihre Angaben über die grossen Heilkrüfte,
die man als eme Gnade Gottes anzusehen habe, trugen besonders zur Aufnahme
in die Materia medica bei.
Goldhaar.
(Goldener Widerthon, Widertod, gelbes Venushaar, Jungfernhaar.)
Herba Adianti aurei, Polytricht. Muscus capillaris major.
Folytrichum commune L.
Cryptogamia Musci. — Bryeae.
Stengel einfach, mit dem Fruchtstiele 15—30 Centim. lang; die Blätter linien-
lanzettlich, im feuchten Zustande abstehend, mit einer starken Mittelrippe ver-
sehen, am Rande uud auf der Mittelrippe gesügt. Die Kapsel sitzt gerade, auf-
recht auf einem starken, purpurnen Stiele, ist 4kantig, mit einem rundlichen,
gesonderten Ansatze versehen; der Deckel flach gewólbt, mit einer sehr kurzen
geraden Spitze und mit einer braunen haarigen Mütze bedeckt. Die Blüttchen am
Grunde des Fruchtstels verlaufen in eine weisse haarfórmige Spitze. Nachdem
Mütze und Deckel abgefallen sind, zeigt der offene Rand der Kapsel 64 Zähnchen.
In Wäldern durch ganz Europa, oft grosse Rasen bildend.
Gebráuchlich. Die ganze Pflanze; sie hat weder Geruch noch bemerkens-
werthen Geschmack.
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