Full text: Handwörterbuch der Pharmakognosie des Pflanzenreichs (2. Abtheilung, 2. Theil)

70 Beifuss. 
aufgelegt wird. Auch innerlich als Antispasmodikum, bei Syphilis als Vertreter der 
sassaparrille. — Auch zu technischen Zwecken, als Zusatz zur Seife, um deren 
Wirkung zu erhóhen. 
Wegen Artemisia s. den folgenden Artikel. 
Beifuss, gemeiner. 
(Gänsekraut, Himmelskehr, Johannesgürtel, Jungfernkraut, Weiberkraut). 
Radix und Herba cumfloribus (Summitates) Artemisiae. 
Artemisia vulgaris L. 
Syngenesia Superflua. — Compositae. 
Perennierende Pflanze mit ästig-faseriger sprossender Wurzel, o,9— 1,8 Meter 
hohem, aufrechtem, sehr ästigem, gestreiftem, glattem oder etwas filzigem, häufig 
purpurviolett angelaufenem, steifem Stengel, zerstreuten abwechselnden ähnlichen 
Zweigen, abwechselnden sitzenden, etwas stengelumfassenden Blättern, deren unter- 
sten doppelt gefiedert geteilt, die oberen nur gefiedert geteilt, mit oft eingeschnitten 
gezähnten, lanzettlichen oder keilfôrmig lanzettlichen spitzen Lappen, die obersten 
z. T. nicht selten ungeteilt, linien-lanzettlich, alle oben hochgrün oder dunkel- 
grün, glatt gefurcht, unten kurz- und weissfilzig. Die Blumen am Ende der Stengel 
und Zweige bilden beblátterte, in Rispen stehende, fast ührenartige Trauben, z. T. 
aus 3—8blütigen, sehr kurz gestielten Knáueln bestehend, sind länglich-eifôrmig, 
z. T. auch rundlich, 2 —3 Millim. lang und 1 —24 Millim. breit. Der allgemeine 
Kelch grauweisslich filzig, die Krónchen rótlich oder gelb, der Fruchtboden nackt. 
Variirt mit rotem und weisslichem Stengel. — Häufig auf Schutthaufen, an Wegen, 
in Hecken, an Flussufern. 
Gebräuchliche Teile. Die Wurzel und das blühende Kraut. 
Die Wurzel, im Spätherbste oder im ersten Frühjahre zu sammeln, besteht 
aus einem federkieldicken bis fingerdicken, etwa so Millim. langen Wurzelstock, 
der ringsum mit starken ástigen Fasern besetzt ist, frisch hellgrau ins Braune, 
trocken aussen mehr oder weniger dunkel graubraun, runzelig, gestreift, innen 
weiss, markig mit holzigem Kern; riecht eigentümlich widrig scharf, bleibend, 
schmeckt süsslich und etwas widerlich scharf reizend. 
Das blühende Kraut, besonders die Blumen riechen beim Zerreiben 
angenehm aromatisch und schmecken nicht unangenehm, aromatisch, schwach 
bitterlich und herbe. 
Wesentliche Bestandteile. In der Wurzel nach Hummer und JANIKE: 
ätherisches Oel, fettes Oel, scharfes Weichharz, eisengrünender Gerbstoff, eine 
süsse Materie etc. Das ätherische Oel ist nach LECANU leichter als Wasser, und 
riecht ähnlich dem Lavendelól ^ Kraut und Blumen sind noch nicht unter- 
sucht. 
Anwendung. Die Wurzel stand eine Zeit lang (und steht wohl noch) im 
Rufe als Heilmittel der Epilepsie; man verordnet sie in Pulverform. Kraut und 
Blumen gibt man zu gleichem Zwecke im 'Theeaufguss. Auch dient das blühende 
Kraut als Küchengewürz. 
Geschichtliches. Die Gattung Artemisia ist nach ARTEMIS (DIANA), der 
Patronin der Jungfrauen, benannt, um damit anzudeuten, dass die eine oder andere 
der dahin gehörenden Arten die Menstruation befördert. PriNiUs bezieht den 
Namen auf die Geburtshülfe leistende Artemis (Artemis Ilithyia), oder auf die 
Königin ARTEMIS (Frau des MAUsoLvs), vielleicht weil letztere durch eine solche 
      
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
       
  
  
  
  
   
   
    
  
      
  
  
  
  
   
    
  
  
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