Full text: Handwörterbuch der Chemie (2. Abtheilung, 3. Theil, 1. Band)

   
Handwörterbuch der Chemie. 
    
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Wasserstoff hat er den kleinsten Werth 0:70, für Aethylchlorid den höchsten bisher 
beobachteten Werth etwa 1:0, und haben daher Relationen zwischen den bei 
einer Temperatur für verschiedene Kórper bestimmten Reibungscoefficienten auch 
nur eine beschrinkte Bedeutung. Ferner ándert z sich nach E. WIEDEMANN mit 
der Temperatur, so dass es nie genügen kann, wenn nur für zwei Temperaturen 
die Reibung bestimmt wird. Unter der Annahme, dass die Molekulardurchmesser 
unabhängig von der Temperatur seien, müsste aber nach der kinetischen Gastheorie 
4 — i werden. Der grössere Werth desselben lässt sich dadurch erkláüren, 
dass bei hóheren Temperaturen in Folge des stürkeren Gegeneinanderprallens 
der Moleküle die einzelnen tiefer ineinander eindringen, wodurch der Abstand 
der Mittelpunkte beim Zusammenstoss abnimmt. In diesem Sinne wird also mit 
steigender Temperatur der Molekulardurchmesser kleiner. 
Bei dieser Gelegenheit wollen wir die in naher Beziehung zu einander stehen- 
den Begriffe der Wirkungssphäre und des Molekulardurchmessers in ihren ver- 
schiedenen Bedeutungen etwas näher erörtern. 
Als Radius der Wirkungssphäre bezeichnet man einmal den Abstand, in dem 
die Wirkung des Moleküles eben merkbar wird. Diese Grösse selbst ist noch 
nicht bestimmt worden. Eine entsprechende Grösse geben aber die QUINCKE’schen 
(30) Versuche, bei denen ermittelt wird, in welcher Weise sich die Steighöhe von 
Flüssigkeiten an mit Silberschichten von verschiedener Dicke bedeckten Glas- 
platten ändert. Die Dicke der Silberschicht, von der an kein Einfluss derselben 
bemerkbar ist, giebt ein Maass für die Wirkungssphäre der Glasmoleküle. Ein 
zweiter Begriff ist der des Molekulardurchmessers, wie er sich aus den inneren 
Reibungen der Kórper bestimmt. Einer stellt diejenige Entfernung dar, bis auf 
welche sich die Mittelpunkte der Moleküle nähern können. Diese Grösse ist jeden- 
falls viel kleiner als der doppelte Radius der oben defiirten Wirkungssphäre. Als 
Molekulardurchmesser, entsprechend unseren geometrischen Vorstellungen, müssten 
wir den mittleren Abstand der diametral von einander abstehenden Punkte eines 
Moleküls betrachten. Eine weitere Definition der Wirkungssphäre, die bei optischen 
Betrachtungen eine Rolle spielt, giebt an, bis zu welchem Abstande der um die 
Moleküle gelagerte Lichtäther eine andere Constitution als der freie besitzt, also 
etwa verdichtet ist. 
Alle die betrachteten Längen, besonders die zweite, sind aber abhängig von 
der Richtung, in der man sie im Verhältniss zu festen Linien im Molekül be- 
trachtet. Hat man z. B. zwei aus sehr gestreckten Ellipsoiden bestehende Mole- 
küle, so ergeben sich für die Wirkungsspháre jedenfalls weit grössere Werthe, 
wenn dieselben in der Richtung ihrer grössten Achsen an einander fliegen, als 
wenn dies in der Richtung der kürzesten statthat. Die Versuche geben uns bis- 
her nur Mittelwerthe nnd ist es daher höchst unwahrscheinlich, dass sich aus 
ihnen allgemeine Beziehungen ergeben. 
Wir bestimmen nun die mittlere Weglänge etc. in absolutem Maasse. 
Aus der kinetischen Gastheorie folgt, dass der Reibungscoefficient gegeben 
ist durch 
n = 4pho, 
wenn p die Dichte des Gases, A die mittlere Weglünge, v die translatorische 
Geschwindigkeit der Moleküle ist. Mit zunehmendem Druck wächst p proportional 
demselben, während 4 umgekehrt mit ihm abnimmt, indem ein Theilchen um so 
kürzere Strecken ungestört zurücklegt, je grösser die Zahl. der in demselben 
Raum enthaltenen Moleküle ist, daher die Unabhängigkeit von 4 vom Druck. 
  
  
   
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
   
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
     
    
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