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Alkaloide. 219
in Zusammenhang gebracht. Das Cotarnin, ein Spaltungsprodukt des Narcotins,
liefert bei der Oxydation die Apophyllensäure, und diese hat sich als der saure
Methyläther einer Pyridindicarbonsäure, nämlich derselben »Cinchomeronsäure«,
welche auch aus Cinchonin erhalten wurde, zu erkennen gegeben (v. GERICHTEN,
Ber. 1880, pag. 1635). So sind also Pyridin und Chinolin als die Grundlage
einer Reihe der wichtigsten Alkaloide erkannt worden, und es ist wahrscheinlich,
dass sich auch viele andere von jenen beiden Basen ableiten. So wie die Er-
mittlung der Constitution des Benzols zum Aufbau zahlloser complicirter »aroma-
tischer Substanzen« führte, so wird jene Erkenntniss voraussichtlich die Grund-
lage für die künstliche Nachbildung von Alkaloiden werden, d. h. für ihren Auf-
bau aus Bruchstücken, die ihrerseits zum Theil als nähere Derivate des Pyridins
und Chinolins sich werden gewinnen lassen. Der letzte Theil solcher Aufgabe
ist zum ersten Male gelöst worden durch die von LADENBURG ausgeführte Syn-
these des Atropins aus seinen Spaltungsprodukten, dem Tropin und der Tropa-
sáure. Nachdem auch die vollständige Synthese der Tropasäure gelungen ist,
bleibt nur noch diejenige des bereits als eine dem Neurin nahestehende Base er-
kannten Tropins iibrig, um den künstlichen Aufbau des Atropins zu vollenden
(LADENBURG, Ber. 1879, pag. 941; 1880, pag. 104, 2041; Ann. 206, pag. 278).
Schon jetzt hat die Synthese des Atropins zu derjenigen einer Reihe ihm ähn-
licher, aber in der Natur nicht vorkommender Basen geführt, deren physiologische
Wirkung auch eine praktische Verwendung als Arzneimittel in Aussicht stellt.
Endlich scheint fiir die Ermittelung der Constitution von Alkaloiden die
durch Hitze bewirkte eigenthiimliche Spaltung der Ammoniumbasen von Be-
deutung zu werden, welche Horwaxw (Ann. 78, pag. 263) im Wesentlichen schon
vor langer Zeit kennen gelehrt hat. Es entstehen bei jener Spaltung tertiäre
Basen neben einem Olefin und Wasser, oder statt der letzteren beiden, falls das
austretende Alkoholradical Methyl war, der Alkohol. Wird nun eine Ammonium-
base erhitzt, welche verschiedene Alkoholradicale und unter ihnen die Methyl-
gruppe enthält, so treten die Methylgruppen stets in die tertiàre Base über,
während sich eine der andern Gruppen in der Form eines Kohlenwasserstoffes
loslöst. Nur wenn in der Ammoniumbase neben einer aromatischen Gruppe aus-
schliesslich Methylgruppen enthalten sind, geht erstere unter Abspaltung von
Methylgruppen in die tertiáre Base über. Bei Anwendung dieser Reaction auf
Pflanzenbasen fand HorMANN neuerdings, dass die aus Piperidin durch erschópfende
Behandlung mit Mehyljodid erhaltene Ammoniumbase beim Erhitzen sich wesent-
lich in Trimethylamin und einen Kohlenwasserstoff C,H, spaltet, während aus
Coniin auf demselben Wege neben Trimethylamin ein Kohlenwasserstoff CH, 4
erhalten wird. (Ber. 1881, pag. 494, 659, 705).
Es wird sich für eine Synthese der betreffenden Alkaloide darum handeln,
solche Kohlenwasserstoffe nach Ermittlung ihrer Constitution auch auf anderm
Wege darzustellen und durch Ammoniakzufuhr von ihnen zu den Basen selbst
zu gelangen.
Chemisches Verhalten. Die Alkaloide, als secundäre oder tertiäre
Ammoniakbasen, vereinigen sich mit Säuren in derselben Weise wie Ammoniak,
d. h. durch blosse Addition, ohne Eliminirung von Wasser. Mit Kohlensäure
bilden die meisten keine Salze und werden aus ihren Salzlósungen durch kohlen-
saure Alkalien als freie Alkaloide gefüllt. Immerhin pflegen sich diese in kohlen-
sdurehaltigem Wasser leichter als in reinem zu lösen, und in einigen wenigen