Full text: Handwörterbuch der Chemie (2. Abtheilung, 3. Theil, 1. Band)

302 Handwörterbuch der Chemie. 
schon 1809 von VAUQUELIN erhalten (1), rein dargestellt zuerst von PosseLT und 
REIMANN 1828 (2), analysirt von MELSENS (7), SCHLOSING (8), BARRAL (9). Letzterer 
bestimmte auch die Dampfdichte. 
Darstellung. SCHLOSING (8) lässt den Tabak mit Wasser ausziehen, den Auszug zum 
Extract verdampfen, dieses mit warmem Alkohol behandeln, von der abgegossenen alkoholischen 
Flüssigkeit den Alkohol abdestilliren, den Rückstand zum zweiten Male in Alkohol aufnehmen 
und nach abermaligem Abdestilliren des Alkohols durch Kalilauge das Nicotin freimachen. Das- 
selbe wird dann durch Aether ausgeschüttelt und aus .der ätherischen Lösung ‚durch Zusatz 
pulverförmiger Oxalsäure eine syrupdicke Lösung des Oxalats ausgeschieden. Nach mehrmaligem 
Waschen mit Aether wird dies Oxalat wieder durch Kalilauge zersetzt, das freie Nicotin in 
Aether aufgenommen, dieser im Wasserbad abdestillirt, das rohe Nicotin einen Tag lang auf 
1400 erhitzt und endlich im Wasserstoffstrom rectificirt. Ueber andre Darstellungsmethoden vgl. 
(4—6) (10— 12). SCHLOSING (8) fand in verschiedenen Tabaksorten zwischen 8 und weniger 
als 29 Nicotin (vom trocknen Tabak), WITTSTEIN in Pfilzer Tabak 1,5— 2,69 (Viertelj. Pharm. 11, 
pag. 351), RICCIARDI in italienischem 1,6— 5,99, im Mittel gegen 49. (Ber. 1878, pag. 1385.) Dass 
der Tabakrauch Nicotin enthalte, wurde schon von MELSENS und, nachdem es von VOHL und 
EULENBURG (13) auf Grund ausführlicher Untersuchungen bestritten worden, später wieder von 
HEUBEL (I4) behauptet. Aus der in den Wassersiicken der Pfeiffen sich ansammelnden Fliissig- 
keit lässt sich Nicotin gewinnen. (Vergl. KissLING: Dingl. Polyt. J. 244, pag. 64, 234.) 
Eigenschaften. Farblose, ziemlich leicht bewegliche Flüssigkeit von 
namentlich in der Wärme hervortretendem scharfem, an Tabak erinnerndem Ge- 
ruch und lange anhaltendem, brennendem Geschmack. Spec. Gew. 1,0111 bei 
15°. Bei Zusatz von Wasser zum Nicotin tritt Erwärmung und Contraction ein. 
Letztere erreicht ihr Maximum bei ungefähr 1 Thl. Wasser auf 2 Thle. Nicotin. 
Das Gemisch hat das spec. Gew. 1,040. (SKALWEIT. Ber. 1881, pag. 1809.) Dampf- 
dichte des Nicotins 5,607—5,631 (BARRAL). In trocknem Zustande wird das 
Nicotin bei — 10° noch nicht fest. Schon unter 100° entwickelt es einen er- 
stickenden, an der Luft Nebel bildenden Dampf, bei 150° beginnt eine langsame 
Destillation, aber erst bei 240—250° tritt unter theilweiser Zersetzung wirkliches 
Sieden ein. Im Wasserstoffstrom lässt sich das Nicotin zwischen 225 und 250° 
ohne Zersetzung destilliren. Der Siedepunkt wird constant bei 247° (corrig. 
LANDOLT). Mit Wasserdämpfen, leichter noch mit Amyialkoholdämpfen, ist das 
Nicotin ebenfalls unzersetzt destillirbar. Es wirkt stark linksdrehend. (a)p 
=—161,55 bei 20? (15). An feuchter Luft nimmt es leicht Wasser auf (bis zum 
lifachen seines Gewichts). Das wasserhaltige Nicotin eistarrt in einer Kälte- 
mischung zu einer krystallinischen Masse. Mit Wasser, Alkohol und Aether ist 
das Nicotin in allen Verháltnissen mischbar. Durch festes Kaliumhydroxyd wird 
es aus seiner wässrigen Lösung abgeschieden, auch durch Schütteln mit Aether 
der letzteren leicht entzogen. 
Das Nicotin lóst bei 100? etwa 10,59 Schwefel. Auch Selen wird in geringer 
Menge, Phosphor aber nicht gelöst. An der Luft nimmt das Alkaloid Sauerstoff 
auf, bráunt sich dabei und wird dickflüssiger. 
Seine Lósungen reagiren stark alkalisch und füllen aus den meisten Metall- 
salzen die Hydroxyde. Diejenigen des Zinks und des Kupfers werden von über- 
schüssigem Nicotin gelóst. Bei Gegenwart von Kohlensäure werden auch die 
Carbonate der Eıdalkalien aus deren Salzlösungen gefällt. 
Das Nicotin ist eins der heftigst wirkenden Gifte. 
Reactionen. Kalte, concentrirte Schwefelsäure färbt das Nicotin weinroth; beim Erhitzen 
tritt Verkohlung ein. Gasförmiges Chlor färbt blutroth oder rothbraun. Das Produkt dieser 
Einwirkung ist in Alkohol löslich und scheidet sich aus dieser Lösung krystallinisch ab. Mit 
Brom und. Jod bilden sich ebenfalls krystallisirbare Produkte. Beim Erhitzen des Nicotins mit 
      
   
     
    
    
  
    
    
   
    
   
    
      
     
    
   
    
    
   
    
      
  
   
   
   
  
    
   
    
   
  
    
   
  
  
wenig S 
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