518 Handwörterbuch der Chemie.
4. Jahrhunderts, weiss, dass Cham dieselbe auf »Platten« aus verschiedenen
Metallen eingegraben, wie man sonst Aehnliches von Seth, dem babylonischen
Xisuthros u. A. erzühlte, um sie hinter dem Rücken seines Vaters Noa vor der
Zerstórung durch das Wasser zu retten. Schon zu Beginn des 2. Jahrh. n. Chr.
lief in Aegypten in gnostischen Kreisen ein Buch um, welches »eine Prophetie
des Cham« enthielt, in welcher vom Himmel und der Natur in solchen Alle-
gorien geredet wurde, dass man den Griechen Pherekydes der Entlehnung seiner
geheimnissvollen Metaphern aus derselben beschuldigte. Diese Thatsachen (4)
muss man im Auge behalten, wenn man zur Beurtheilung der berufenen Her-
leitung des Namens Chemie schreitet, welche der Philosoph Zosimos von Pano-
polis — vielleicht im 4. oder 5. fabrh. — im elften Buchstaben des von ihm an
Theosebeia gerichteten Buches Imuth (5) (über die »Handarbeiten«) also giebt:
»Es berichten die heiligen Schriften, d. h. die Bibel, o Frau, dass es ein Dámonen-
geschlecht giebt, welches sich mit Weibern einlüsst. Auch Hermes hat es er-
wähnt in den Physica, und fast jede offentliche und geheime Schrift hat des-
selben gedacht. Nun haben die alten und góttlichen Schriften dies gesagt: dass
gewisse Engel der Weiber begehrten, herunterkamen und denselben alle Werke
der Natur lehrten; weswegen sie, sagt er (so), Anstoss erregten und deswegen
vom Himmel ausgeschlossen blieben, weil sie den Menschen alles Bóse und seiner
Seele Unnütze gelehrt. Von denselben, berichten dieselben Schriften, wären
auch die Giganten erzeugt. Es existirt nun von denselben die erste Ueberlieferung
Chémeu (so, nicht Chéma haben die Hss.; die richtige Lesart ist vielleicht Xnp.o9, d. h. des
Chémés) über diese Künste. Er nannte aber dieses Buch Chémeu (des
Chémés), woher auch die Kunst Chemeia heisst« (6). Wenn nun auch Cham
als Sohn des Noa von der frommen sethitischen Linie und nicht von den bib-
lischen Giganten abstammt, so hindert das doch nicht anzunehmen, dass Zosimos
oder vielmehr wahrscheinlich schon die von ihm citirte Schrift des Hermes seinen
Chemeu für identisch mit Cham hielt; denn beide sind nach der Sintfluth die
ersten Ueberlieferer der vorsintfluthlichen Naturwissenschaften. Nun wird sich
weiter zeigen, wie sehr Zosimos überzeugt davon war, dass die Chemie, als
die Kunst, unedle Metalle in edle zu verwandeln, ihren Ursprung in
seiner Heimath Aegypten und ihre Ueberlieferung bei ägyptischen Priestern hatte;
sowie ferner, nach einem Citat des Stephanos von Alexandria aus einer alten, chemischen
Schrift, dass die Aegypter die erste Aufsuchung des Metallverwandlungsmittels seit
der Gründung Aegyptens datirten. Da nun Aegypten auf nordägyptisch wirklich
Chémi hiess, so lag nichts näher, als dem Cham, dem Vater des Mestrem —
Aegypten — Chémi die Aussprache Chémeu (Chémés) zu geben, um so mehr,
als der jüdischen Tradition die Verknüpfung des einheimischen Landesnamens
in der Verdrehung Ham mit dem Noasohne Cham auch sonst vertraut war (7).
Indem aber Zosimos einem Eponymos des Chémi-landes das nach ihm betitelte
Buch zuschreibt, wird er keinen andern Anlass gehabt haben, von ihm in seinem
chemischen Buche zu reden, als weil das Chemeu-buch in die Chemie einschlug,
sonst hätte er auch den Namen der Kunst nicht damit zusammenbringen kónnen.
Dass der Wortlaut jener Stelle nur allgemein auf die Werke der Natur geht, steht dem nicht
im Wege. Denn in der Herauskehrung der Natur aus den Metallindividualititen sieht die
älteste Chemie ihre eigentliche Aufgabe; daher auch des Demokritos Chemie »Physica« im
Titel trägt (8). Mithin bedeutete dem Zosimos chémeia: die Kunst des ersten
Chemikers Chémés.
Wie geläufig nicht nur dem Zosimos, einem begeisterten und ideal gesinnten
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