Full text: Handwörterbuch der Chemie (2. Abtheilung, 3. Theil, 3. Band)

      
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
    
206 Handwörterbuch der Chemie. 
keit der Stickstoff, und es entsteht Monochloressigester neben Glycolsäureester. 
Die wasserfrei eingeleiteten Halogenwasserstoffsäuren (auch Flusssäure) bilden 
nur die einfach halogensubstituirten Essigester. 
Organische Säuren wirken erst in höherer Temperatur, dann aber ebenfalls 
sehr heftig ein. Essigsäure, Benzoësäure, Hippursäure erzeugen dabei Acetyl-, 
Benzoyl- und Hippuryiglycolsäureester. Chlor, Brom und Jod wirken schon in 
der Kälte äusserst energisch und bilden die entsprechenden zweifach substituirten 
Essigester. 
Andere, ähnliche Diazoderivate lassen sich in der Fettreihe nicht nur von 
den übrigen Amidosäureestern, sondern auch von Körpern anderer Gruppen 
ableiten. Wenigstens wurde durch Behandeln von Diazoessigester mit starkem 
wässrigen Ammoniak und Verdunsten der allmählich entstandenen Lösung 
über Schwefelsäure bereits das Diazoacetamid, NH,-CO-CH:N,, dargestellt, 
welches aus Alkohol in goldgelben, bei 97? schmelzenden Biàttchen krystallisirt (50). 
Die Analogie der Einwirkung von salpetriger Sáure auf die Ester der Amido- 
fettsáuren mit derjenigen auf aromatische Amidoverbindungen scheint sich end- 
lich auch auf die Bildung von Diazoamidoverbindungen zu erstrecken. Aus 
einer ätherischen Lösung von freiem Glycocollester wird nämlich durch ein- 
geleitete salpetrige Säure ein in Aether unlösliches Oel gefällt, welches noch 
nicht rein gewonnen ist, aber im Allgemeinen das Verhalten einer Diazoamido- 
verbindung zeigt (50). 
Aromatische Diazoverbindungen. 
Die Diazokórper der aromatischen Reihe, auf deren Bildung und Verhalten 
sich die oben gemachten allgemeinen Angaben in erster Linie beziehen, sind 
in sehr grosser Anzahl zum Zweck weiterer Umsetzung in andere Verbindungen 
erzeugt worden. Dabei hat man sich aber häufig begnügt, durch die so allgemein 
verwendbare Reaction der salpetrigen Säure auf die betreffenden Amidover- 
bindungen eine Lósung der Diazoverbindung herzustellen und mit dieser Lósung, 
ohne die Diazoverbindung selber zu isoliren, die weiteren Operationen vor- 
zunehmen. In Nachfolgendem sollen die wirklich isolirten und untersuchten 
aromatischen Diazoverbindungen zusammengestellt werden. 
Diazoderivate der aromatischen Kohlenwasserstoffe und ihrer 
Substitutionsprodukte. 
Diazobenzol, C,H,. N:N- OH. Salze des Diazobenzols sind zuerst 1861 
von Gress dargestellt worden (3, 4). Aus ihnen lässt sich die Base selbst nicht 
ohne tiefergreifende Zersetzung durch Alkalien frei machen (5). Dagegen ge- 
lingt es, sie aus der wissrigen Losung ihrer Kaliumverbindung, C,H,-N:N-OK, 
durch die äquivalente Menge Essigsäure abzuscheiden. Das Diazobenzol fällt 
dabei als dickes, gelbes, aromatisches Oel nieder, welches aber schon nach 
einigen Augenblicken unter Entwicklung von Stickstoff und Bildung einer zähen, 
braunrothen Masse zersetzt wird. Bei grösseren Mengen kann sich die Heftig- 
keit dieser Selbstzersetzung bis zur Explosion steigern (5). 
Salze (Säurederivate) des Diazobenzols. 
Salpetersaures Diazobenzol, C,H,-N,NO,. Dieses wichtigste und 
meist verwendete Salz des Diazobenzols wurde von Griess (3) zuerst durch 
Einleiten von salpetersäurehaltiger salpetriger Säure in eine abgekühlte ätherische 
Lösung von Diazoamidobenzol erhalten: C;H; N:N-NH-C,H;, + NO,H +2 NO,H 
— 9C,H,- N,- NO, 4- 2H40. 
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