Full text: Handwörterbuch der Chemie (2. Abtheilung, 3. Theil, 3. Band)

  
  
  
  
  
  
602 Handwörterbuch der Chemie. 
einer salinischen Materie auffasste®). ILAVOISIER war es, der sogleich dieser 
Entdeckung die richtige Deutung gab und ihre ganze Tragweite erkannte. Er 
bewies durch überzeugende gewichtsanalytische Versuche, dass der Sauerstoff 
eben der Bestandtheil der Luft ist, welcher von den Metallen bei ihrer Calci- 
nirung aufgenommen wird, dass die Metalle und Sauerstoff die Elemente der 
Metalloxyde sind. Eben so wies er nach, dass die brennbaren Substanzen: 
Schwefel, Phosphor, Kohle und Wasserstoff Elemente sind, ihre entsprechenden 
Verbrennungsprodukte aber chemische Verbindungen mit Sauerstoff darstellen. 
Er stellte es ferner als sehr wahrscheinlich hin, dass auch die Erden (Kalk, M 
agne- 
sia und Thonerde) sich als Metalloxyde erweisen würden. 
Somit waren durch LAVvOISIER eine Reihe von Substanzen als chemische 
Elemente festgestellt worden, welche wir 
auch heute rein empirisch als solche 
betrachten, d. 
h. als Substanzen welche nicht weiter zerlegt werden konnten 
(s. unten). Den gleichen Grundsätzen und analogen Methoden folgend sind wir 
gegenwärtig zur sicheren Erkenntniss von 66 verschiedenen Elementen gelangt, 
während die Existenz einiger anderer, wie Decipium, Philippium, Terbium, Thu- 
lium, Samarium noch zweifelhait erscheint. 
Bemerkenswerth ist es, dass von 
diesen Flementen nur etwa 1 
2 in grösseren Mengen vorkommen; es gehören 
dahin fast alle Elemente mit niedrigen Atomgewichten, und zwar Wasserstoff, 
Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Natrium, Magnesium, 
Chlor, Kalium, Calcium und Eisen. 
Ein wichtiges Hülfsmittel zur Auffindung und Constatirung von elementaren 
Substanzen bietet sich in der von Bunsen und KIRCHHOFF (1859) begründeten 
Spectralanalyse. Da einem jeden Element in Dampfform ein besonderes Spectrum 
zukommt, so ist die Auffindung eines neuen Spectrums zugleich ein Hinweis 
ein neues El 
Aluminium, Schwefel, 
auf 
ement, zu dessen Abscheidung dieses Spectrum eine weitere Anleitung 
giebt. Zu den so mittelst der Spectralanalyse aufgefundenen Elementen gehören 
Caesium, Rubidium, Thallium, Indium, Gallium, Scandium und einige andere, 
die noch nicht sicher constatirt sind. Weiter ist durch die Spectralanalyse er- 
wiesen worden, dass auf den selbstleuchtenden Himmelskörpern (den Fixsternen, 
cosmischen Nebeln, Cometen und Meteoren) dieselben Elemente enthalten sind, 
wie auf der Erde; nur für die a-Heliumlinie konnte bisher keine entsprechende 
irdische Substanz ermittelt werden. 
Eine weitere Vertiefung, Begründung und Gliederung des Begriffes chemisches 
Element ist durch die speculative Forschung des gegenwärtigen Jahrhunderts 
erbracht worden, — einerseits durch die atomistische Molekulartheorie, anderer- 
seits durch das Gesetz der Periodicität. 
Die physikalische und die chemische Forschung führten in gleicher Weise 
zu der unabweisbaren Annahme, dass die Substanz den Raum nicht continuirlich 
erfüllt, sondern aus kleinen getrennten Theilchen — den physikalischen Molektilen 
besteht, dass ferner die Moleküle sowohl der zusammengesetzten als auch der 
elementaren Substanzen aus einzelnen chemischen Atomen zusammengesetzt sind. 
Wir müssen daher zwischen elementaren Substanzen und elementaren Atomen 
eine scharfe Unterscheidung machen. Gleichartige Atome können in verschiedener 
Anzahl zu elementaren Molekülen sich vereinigen, wodurch die Existenz der bei 
verschiedenen Elementen — so beim Schwefel, Phosphor, Kohlenstoff etc. — 
nachgewiesenen allotropischen Modificationen eine sehr anschauliche Erklärung 
  
  
*) Kopp, Geschichte d. Chemie I, 262. 
   
      
    
   
  
    
   
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
   
   
  
  
  
   
  
    
   
  
   
  
  
   
  
  
   
   
  
  
   
  
  
  
  
  
   
   
  
  
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